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Physik

Mustermacher auf der Nano-Insel

Interferenzmuster der Elektronen hängt von „Spin“ ab

Nur wenige Atomdurchmesser oberhalb einer zwölf Nanometer kleinen Kobaltinsel (unten) ist die Spinpolarisation, die Vorzugsrichtung der Spins, (oben) moduliert. Sie ändert ihr Vorzeichen vom Inselrand (blau) zur Inselmitte (rot). RTM-Abbildung und Spektroskopie im Magnetfeld. © MPI für Mikrostrukturphysik

Elektronen können sich unter bestimmten Umständen sowohl wie Teilchen aber auch wie Wellen verhalten. Dann bilden sie beispielsweise typische Interferenzmuster. Dass sich solche Muster abhängig von der Spin-Orientierung der Elektronen verändern, haben jetzt deutsche Physiker nachgewiesen. Wie sie in „Science“ berichten, eröffnet dies die Möglichkeit, die Spinpolarisation auf einer Nanometerskala zu manipulieren.

Einsperren hilft – nicht nur, wenn Verbrecher ihre wohlverdiente Strafe erhalten sollen, sondern auch in der Physik: Indem sie Elektronen auf einen engen Raum begrenzten, haben Physiker jetzt eine wichtige Erkenntnis über den Einfluss des Spins – des Eigendrehimpulses – auf ihr Verhalten gewonnen. Die Forscher um Dirk Sander, Valeri Stepanyuk und Jürgen Kirschner vom Max-Planck- Institut für Mikrostrukturphysik in Halle erreichten dies, indem sie Elektronen auf eine „Insel“ aus Kobaltatomen auf einem Kupferkristall „einsperrten“.

Kobaltinsel im Kupfersee

Kupfer und Kobalt unterscheiden sich hinsichtlich ihrer elektronischen Struktur, Kupfer ist nichtmagnetisch, Kobalt hingegen magnetisch. Die Grenze zwischen beiden bildet dadurch eine elektronische Barriere, die Elektronen sind auf der Insel eingesperrt. Diese ist nur zwei Atomlagen dick und besteht gerade mal aus rund 10.000 Kobaltatomen. Die Wissenschaftler untersuchen die Insel mit der magnetischen Spitze eines Rastertunnelmikroskops (RTM). Dabei „tunneln“ Elektronen von der Spitze in die Insel, dieser Tunnelstrom verändert sich in Abhängigkeit von der angelegten Spannung zwischen Spitze und Insel und lässt sich messen. So ermitteln die Physiker den so genannten differentiellen elektrischen Leitwert, den Kehrwert des elektrischen Widerstands.

Der besondere Clou der jetzigen RTM-Messungen: Sie wurden in Magnetfeldern durchgeführt, die einige 10.000 Mal stärker als das Erdmagnetfeld sind. So können die Forscher zwei verschiedene magnetische Konfigurationen herstellen und untersuchen: Die Elektronen-Spins der RTM-Spitze und die der Insel, die für die Magnetisierung verantwortlich sind, weisen in einem Fall in die gleiche, im anderen Fall in die entgegengesetzte Richtung – man spricht von paralleler beziehungsweise antiparalleler Konfiguration.

Räumliches Muster aus stehenden Wellen

Die Wissenschaftler aus Halle haben in beiden Konfigurationen die Oberfläche der Insel abgerastert und den Tunnelstrom gemessen. So erstellten sie sowohl für die parallele als auch für die antiparallele Konfiguration eine Landkarte, die den Leitwert in Abhängigkeit von der Position auf der Insel darstellt. Dadurch, dass die Elektronen auf der Insel eingesperrt sind, zeigt die Landkarte der Leitwerte sowohl für die parallele als auch für die antiparallele Konfiguration ein räumliches Muster:

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Gemäß ihrem Wellencharakter bilden die Elektronen auf der Insel stehende Wellen aus. Allerdings – und das ist das Interessante an den Messergebnissen – wirkt sich das Einsperren in paralleler Konfiguration anders aus als in antiparalleler Konfiguration.

Eine dritte Landkarte, in der die Wissenschaftler eintrugen, um wie viel die beiden Werte voneinander abwichen zeigte ebenfalls ein räumliches Muster. Mit anderen Worten: Auch die Spinpolarisation, also das Vorhandensein einer Vorzugsrichtung für den Elektronenspin, ist in der dreieckigen magnetischen Nanostruktur räumlich moduliert.

Berechnungen bestätigen experimentelle Ergebnisse

Untermauern konnten die Wissenschaftler ihre Interpretation durch so genannte ab-initio-Berechnungen. Sie haben damit erstmals gezeigt, dass die Interferenz der Elektronen in der Nanostruktur vom Elektronen-Spin abhängt.

Aber ihre Arbeit geht über Grundlagenforschung hinaus: Sie eröffnet die Möglichkeit, die Spinpolarisation auf einer Nanometerskala zu manipulieren. Das ist für Entwicklungen der Spintronik äußerst interessant, also der Informationsverarbeitung, die zusätzlich zur Ladung auch den Spin von Elektronen ausnutzt und dadurch kleiner, schneller und sparsamer ist.

(Max-Planck-Gesellschaft, 16.02.2010 – NPO)

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