Wespenspinnen sind eigentlich überzeugte Singles. In der Paarungssaison aber suchen sie doch einen Partner – mit Hilfe eines chemischen Lockstoffs. Jetzt haben Forscher diesen Lockstoff identifiziert und im Labor nachgebaut. Wie sie in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ berichten, gelang es damit erstmals, Spinnen im Freiland mit einem Pheromon anzulocken.
Die Weibchen der Wespenspinne (Argiope bruennichi) tragen eine auffallende Zeichnung, die an eine Wespe erinnert. Die Spinnen leben bevorzugt auf Wiesen im Mittelmeergebiet, breiten sich inzwischen aber auch in Mitteleuropa aus. Zu ihren Beutetieren zählen vor allem Heuschrecken. Erwachsene Weibchen bauen Netze im Gras und locken die sehr viel kleineren Männchen an, die im Gras auf Partnersuche sind. Um ein Weibchen zu finden, folgen die Männchen dem verlockenden Duft von Pheromonen. Welche dies sind, war bisher allerdings nicht bekannt.
Spinnen-Lockstoff im Gaschromatographen
Ein Forscherteam um Gabriele Uhl von der Universität Bonn und Stefan Schulz von der TU Braunschweig hat sich nun dieses Pheromon vorgenommen. Um dem Lockstoff der Wespenspinne auf die Spur zu kommen, setzten die Wissenschaftler Spinnenweibchen in Glaskammern und fingen die abgesonderten flüchtigen Verbindungen mit einem Kohlefilter aus dem Gasraum auf. Nach einer Extraktion aus den Filtern und einer gaschromatographischen Trennung wurden die Substanzen massenspektroskopisch analysiert.
„Wie sich zeigte, geben erwachsene, unbegattete Weibchen eine spezielle Substanz ab, die bei juvenilen und bei bereits begatteten Weibchen nicht auftritt,“erläutert Uhl. „Diese Verbindung findet sich auch in den Netzen der paarungsbereiten Weibchen.“ Bisher sind erst sehr wenige Pheromone bei Spinnen bekannt. „Bei der Familie der Radnetzspinnen ist unsere Arbeit die erste Identifizierung eines Pheromons“, berichtet Schulz.
Duftstoff in vier Varianten
Die Analyse ergab, dass es sich bei dem Wespenspinnen-Pheromon um Methylcitronensäuretrimethylester, einen Verwandten der Citronensäure, handelt. Die Moleküle können in vier verschiedenen Formen vorkommen, die sich in der räumlichen Anordnung der einzelnen Atome zueinander unterscheiden. Das Team stellte diese vier Stereoisomere im Labor her und verglich sie mit dem natürlichem Extrakt.
Kunst-Produkt lockt Freiland-Männchen in die Falle
Aber wirkte das das nachgemachte Pheromon auch? Um das herauszufinden, führten die Wissenschaftler ein Experiment auf einer sonnigen Wiese im Hochsommer durch – beste Paarungssaison für die Spinnenmännchen. Tatsächlich gelang es ihnen, mit einer synthetischen Mischung Männchen der Wespenspinne in Fallen zu locken. Während der Anlock- Erfolg von der Konzentration des Pheromons in der Falle abhing, spielte das Isomerenverhältnis keine Rolle. „Damit ist es uns erstmals gelungen, Spinnen in Pheromonfallen zu fangen“, so Schulz.
(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 16.02.2010 – NPO)