Tropische Korallenriffe sind der Lebensraum vieler Tierarten und somit ein maßgeblicher Faktor für die Artenvielfalt der Ozeane. Ein internationales Forscherteam hat jetzt gezeigt, dass neue Tiergattungen besonders in Riffen entstehen und dann in andere Ökosysteme exportiert werden.
Wie die Wissenschaftler in „Science“ berichten, ist damit die bisherige Theorie widerlegt, dass Riffe deshalb so artenreich sind, weil sie Anziehungspunkte für Arten sind, die an anderen Orten entstehen.
Räumliche Muster der Biodiversität
Neue Tierarten entstehen überall und ständig. Trotzdem gibt es räumliche Muster der Biodiversität: Die Artenvielfalt ist am höchsten in den Tropen und am niedrigsten an den Polen, höher im Flachwasser als in der Tiefsee, größer im Flachland als auf den Bergen und höher in Korallenriffen als außerhalb.
Schon länger vermuten Wissenschaftler, dass hinter diesen Mustern nicht nur ökologische Faktoren stecken: die höhere Artenvielfalt der Tropen geht größtenteils darauf zurück, dass dort neue Arten leichter entstehen als in höheren Breiten.
Zentren der Evolution
Die jetzt von Professor Wolfgang Kießling vom Museum für Naturkunde Berlin und seinen Kollegen Carl Simpson und Michael Foote vorgelegten neuen Ergebnisse zeigen, dass innerhalb der Tropen besonders die dort beheimateten Korallenriffe als Zentren der Evolution fungieren.
Die Forscher untersuchten anhand einer Zusammenstellung aller bekannten fossilen Funde der letzten Millionen Jahre, in welchen Lebensräumen sich das älteste Auftreten von Tiergattungen konzentrierte. Fazit: Die Neuentstehungsraten von Gattungen sind in Riffen mithin 45 Prozent höher als in anderen tropischen Lebensräumen.
Export größer als Import
Die Forscher vermuten, dass den Riffen dabei zugutekommt, dass sie sehr zerklüftet sind und deshalb zahlreiche Lebensräume und Verstecke bieten, in denen neue Tierarten geschützt entstehen können. Die in Riffen neu entstandene Vielfalt ist nach den Ergebnissen der Forscher aber auch eine Diversitäts-Quelle für andere Lebensräume. Über 65 Prozent der Gattungen werden exportiert – deutlich mehr als importiert werden.
Barriere gegen invasive Arten
Verantwortlich für diesen Exportüberschuss ist nach Angaben Wissenschaftler vermutlich die Diversität selbst. Sie wirkt als Barriere gegen invasive Arten. Die neue Science-Studie zeigt abermals, wie wichtig Korallenriffe für die Erhaltung der Artenvielfalt in den Meeren sind, so die Forscher.
(idw – Museum für Naturkunde, 11.01.2010 – DLO)