Mit Flüssigkeit gefüllte Hirnkammern fangen wie Stoßdämpfer Erschütterungen oder Stöße ab und schützen das Gehirn. Berliner Forscher haben nun bei Zebrafischen gezeigt, wie sich diese Kammern bereits vor Anlage der Blut-Hirn-Schranke bilden. Ein bestimmtes Protein ist dabei entscheidend. Es bildet eine Barriere zwischen dem Nervenzellgewebe und den Kammern.
Fehlt Claudin5a, können sich die Kammern nicht ausdehnen und die Formung des Gehirns ist gestört. Diese Erkenntnisse könnten für Tests zur Durchlässigkeit von Medikamenten ins Gehirn genutzt werden, so die Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
Abgeschottete Hirnkammern
Wie die Blut-Hirn-Schranke, die verhindert dass Krankheitserreger über das Blut ins Gehirn eindringen, sind auch die Hirnkammern oder Hirnventrikel von ihrer Umgebung abgeschottet. So können sich die Kammern mit Flüssigkeit füllen, ausdehnen und somit zur Stabilität des Gehirns beitragen.
Die hierfür verantwortliche Barriere enthält im Gegensatz zur Blut-Hirnschranke keine Blutgefäße, sondern besteht ausschließlich aus Nervenzellen, die aber ebenfalls fest über Proteinfäden miteinander verbunden sind. Ein Bestandteil dieser eng geknüpften Fäden, den tight junctions, ist das Protein Claudin5a.
Eiweißfunktion entschlüsselt
Forscher um Jingjiing Zhang vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) und vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin haben jetzt die Funktion dieses Proteins erstmals in einem sehr frühen Entwicklungsstadium der Zebrafische entschlüsselt. In ihren Versuchen konnten sie zeigen, dass die Kammern sich nicht ausdehnen, wenn Claudin5a fehlt. Die Folge: die Form des Gehirns wird verändert.
Stellten die Forscher aber die Funktion von Claudin5a wieder her, indem sie Claudin5a im gesamten Embryo wieder anschalteten, konnten sich die Hirnkammern wieder ausdehnen.
Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass diese Erkenntnisse über die Dichtheit von Barrieren durch Claudin5 auch für die pharmakologische Forschung genutzt werden können. Medikamente finden kaum oder gar nicht durch die Blut-Hirn-Schranke, was die Behandlung von Hirnerkrankungen erschwert.
Forscher wollen Claudin5a ausschalten – kurzfristig
„Im Zebrafisch könnte man untersuchen, welche Substanzen kurzzeitig die Funktion von Claudin5a ausschalten und damit zur Öffnung von Gehirnbarrieren wie der Blut-Hirn-Schranke beitragen. Das könnte für die Entwicklung von Medikamenten von Bedeutung sein, die ihre Wirkung im Gehirn entfalten sollen“, so Dr. Salim Seyfried vom MDC.
(idw – Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), 07.01.2010 – DLO)