Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am Freitag auf ein umfangreiches Angebot geeinigt, um den Klimaschutz und die Anpassungen an die globale Erwärmung in den kommenden Jahren voran zu bringen – vor allem in den Entwicklungsländern. Von 2010 bis zum Auslaufen den Kyoto-Abkommens 2012 stellt die EU insgesamt 7,2 Milliarden Euro Schnellstarthilfen bereit: etwa für dringend erforderliche Deiche zum Schutz gegen Überschwemmungen.
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Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem starken Ergebnis. „Dies ist mehr als von der EU erwartet werden konnte“, sagte er nach dem Gipfel. „Wir hoffen, dass andere jetzt mit unseren Zahlen und Ambitionen gleichziehen.“
Gerade für die ärmsten Länder sei eine Einigung auf schnelle Hilfe wichtig, betonte Barroso. „Ich denke an afrikanische Länder und kleine Inselstaaten, deren Zukunft davon abhängt, ob sofort gehandelt wird. Finanzen sind der Schlüssel zu einer Einigung“, betonte Barroso. Fachleute schätzen, dass die Entwicklungsländer in den nächsten drei Jahren 21 Milliarden Euro für den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels benötigen. Davon übernimmt die Europäische Union (EU) nun rund 30 Prozent.
Die EU bekräftigte zudem ihre Absichten zur langfristigen Finanzierung von Klimaschutz in Entwicklungsländern. Die Ergebnisse des Gipfels in Brüssel sollen nun auch neuen Schwung in die Kopenhagener Verhandlungen bringen. „Ich bin zuversichtlich, dass diese jüngsten Zusagen die Endphase dieser Verhandlungen befeuern“, so Barroso.
Solidarisches Signal…
„Deutschland wird sich sowohl kurzfristig als auch langfristig daran beteiligen, dass die ärmeren Länder der Welt die Chance haben, sich auch auf die Klimaveränderung einzustellen“, sagte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Merkel wertete die Zusage der Europäer für die kurzfristigen Hilfen nicht zuletzt als großen Erfolg, weil sich alle 27 Mitgliedsstaaten entsprechend ihrer Wirtschaftskraft beteiligen. Dies sei „ein außerordentlich gutes, solidarisches Signal“, so die Kanzlerin.
Im Gegenzug sollen sich die Entwicklungsländer in Kopenhagen zu konkreten und nachprüfbaren Minderungsbeiträgen beim CO2-Ausstoß verpflichten. In der Summe sollen diese bis 2020 zu einer Begrenzung der Emissionen um 15 bis 30 Prozent führen.
…oder „Brotkrumen“
Doch längst nicht überall stoßen die EU-Zusagen auf Zustimmung. Ganz im Genteil. „Nein, diese 2,4 Milliarden Euro pro Jahr reichen überhaupt nicht. Die EU wirft uns Brotkrumen hin. Es ist fast so, als würden sie gar nichts tun“, sagte beispielweise Lumumba Di-Aping, der Delegationsleiter der Entwicklungsländer auf dem Klimagipfel in Kopenhagen, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau.
Ohne konkrete Zusagen nach Kopenhagen?
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die deutsche Klimapolitik und insbesondere Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Kanzlerin Angela Merkel massiv kritisiert. Er warf den beiden Politikern vor, ohne neue substantielle Vorschläge nach Kopenhagen zu fahren. Die von beiden ständig wiederholte Beschwörung des so genannten „Zwei-Grad-Ziels“ könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung keine konkreten Vorschläge mache, wie ein solches Ziel zwischen den Staaten vereinbart und gemeinsam erreicht werden könne. Das Zwei-Grad-Ziel gilt als maximal akzeptable globale Temperaturerhöhung bis zum Ende dieses Jahrhunderts.
„Bundeskanzlerin Angela Merkel verliert jede politische Glaubwürdigkeit, wenn sie in Kopenhagen nichts zu bieten hat als leere Versprechungen. Der Weltklimagipfel kann ein wichtiger Schritt beim globalen Klimaschutz werden. Voraussetzung ist jedoch, dass auch aus Deutschland ernsthafte Angebote kommen, wie die Treibhausgase im eigenen Land und in der EU drastisch gesenkt werden sollen und wie die Industriestaaten die Entwicklungsländer künftig beim Klimaschutz unterstützen“, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
BUND: Reduktionsziel von 20 Prozent völlig inakzeptabel
Der BUND kritisierte auch das fehlende Engagement der Bundesregierung für ein europäisches CO2-Minderungsziel von mindestens 40 Prozent bis 2020. Das von der Europäischen Union beim EU-Gipfel beschlossene Reduktionsziel von 20 Prozent weniger CO2 bis 2020 sei völlig inakzeptabel. Damit werde eine halbherzige Klimapolitik fortgesetzt, wie sie seit geraumer Zeit auf europäischer Ebene betrieben werde, wo Deutschland regelmäßig den Bremser spiele. Ein Beispiel dafür sei die Gewährung großzügiger Ausnahmen für energieintensive Industrien beim Emissionshandel.
„Europa kann seine CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Wie das geht haben wir erst kürzlich mit einer Studie des Stockholmer Umweltforschungsinstitutes gezeigt. Aber Deutschland muss aufhören, Vorschläge für mehr Klimaschutz auf EU-Ebene zu verwässern. Kopenhagen droht zu scheitern, wenn diejenigen, die bisher eine Vorreiterrolle für sich in Anspruch nehmen, nicht endlich aus der Deckung kommen. Die Taktik, erst am Ende des Klimagipfels irgendwelche Joker zu präsentieren, kann schiefgehen. Wenn die Afrikanischen Länder wie befürchtet aus Frustration über die lahmenden Verhandlungen vorzeitig abreisen, dann muss der Gipfel als gescheitert gelten“, sagte Antje von Broock, die für den BUND den Kopenhagener Klimagipfel beobachtet.
(EU-Kommission/Bundesregierung Online/BUND, 14.12.2009 – DLO)