Gewitter haben großen Einfluss auf die Chemie der Atmosphäre und das Klima der Erde. In Blitzen bildet sich aus Stickstoff und Sauerstoff in erheblichen Mengen Stickoxid (NO). Offen war bisher die Frage, wie viel Stickoxid dabei tatsächlich entsteht. Jetzt haben Forscher bei neuen Messungen ein überraschendes Ergebnis geliefert: In tropischen Gewittern wird weniger Stickoxid produziert als erwartet.
Wissenschaftler vom Institut für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen haben in den letzten Jahren extreme tropische Gewitter mit einer Vielzahl von Missionen mit Forschungsflugzeugen und so genannten Blitzortungssystemen untersucht.
Vorgänge in extremen Gewitterwolken enthüllt
Dabei ergaben sich aus den Ergebnissen grundlegend neue und unerwartete Erkenntnisse zu den Vorgängen in extremen Gewitterwolken: „Obwohl es bei tropischen Gewittern zu einer sehr hohen Anzahl an Blitzen kommt, produzieren diese nicht so viel Stickoxid wie erwartet. Detaillierte Untersuchungen zeigen, dass nicht nur die Anzahl der Blitze von Bedeutung ist, sondern auch deren Länge“, erklärt Heidi Huntrieser, Meteorologin am DLR-Institut. „In tropischen, kurzlebigen Gewittern sind die Blitze im Mittel kürzer als in unseren Breiten. Dies liegt vor allem an der größeren Windscherung in unseren Breiten“, so Huntrieser.
Die größere Windscherung verursacht eine stärkere Änderung der Windgeschwindigkeit und –richtung. Dadurch wird der Auf- und Abwindbereich im Gewitter voneinander getrennt und das Gewitter kann sich verstärken, ausbreiten und länger erhalten bleiben. Die vor kurzem erschienenen Forschungsergebnisse der DLR-Wissenschaftler wurden jetzt auch von amerikanischen Wissenschaftlern bei der NASA bestätigt.
Messflüge in Gewitterwolken
In den letzten Jahren hat das DLR-Institut mehrere Messkampagnen im Rahmen von EU-Projekten in den Tropen durchgeführt. Gerade dort, wo die meisten Gewitter auftreten, hat man die auftretenden Stickoxide durch Messflüge in die Gewitterwolken ermittelt. Am Boden wurde vom DLR vor Ort ein LINET-Messnetz – Lightning Detection Network – zur Messung der Blitzaktivität in den Gewitterwolken installiert.
2004 und 2005 wurde das DLR-Forschungsflugzeug Falcon für Messflüge in Brasilien eingesetzt. Anschließend folgten Kampagnen in Australien und Westafrika. In Darwin, an der tropischen Nordspitze Australiens, wurde eines der stärksten und bekanntesten, regelmäßig auftretenden Gewitter der Welt – Hector – im Detail untersucht.
Gewitter mit geringer Klimawirkung?
Bei Blitzen entstehen Stickoxide, die wiederum das Treibhausgas Ozon erzeugen. Bisher wurde angenommen, dass sich in einem wärmeren Klima verstärkt Gewitter bilden könnten. Damit entstehen wieder mehr Stickoxide und mehr Ozon, was zu einer weiteren Klimaerwärmung führen könnte. Aber laut den Studien des DLR ist eher das Gegenteil der Fall. Gewitter werden in einem wärmeren Klima zwar stärker aber auch seltener. Daher kann die mittlere Zahl der Blitze auf dem Globus sogar abnehmen. Das würde nach Ansicht der Forscher auch einige Langzeitbeobachtungen über Häufigkeiten von Blitzen erklären.
Die Klimawirkung von Gewittern ist nach diesen Ergebnissen möglicherweise gerade das Gegenteil von dem, was bisher vielfach angenommen wurde. Für seine Studien nutzt das DLR-Institut für Physik der Atmosphäre das globale Klimamodell ECHAM.
(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 03.12.2009 – DLO)