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Geowissen

Eisschmelze mit Turbo-Effekt

Mit GRACE-Daten dem Klimawandel auf der Spur

Globale Masseänderungen im Zeitraum August 2002 bis Juli 2008. Über Grönland, Alaska und der Antarktis dominieren negative Signale, die aus dem Abschmelzen von Eis resultieren. © Universität Stuttgart

Wie stark wirkt sich der Klimawandel langfristig auf die eisbedeckten Gebiete der Erde aus? Und welche Folgen hat das für den Meeresspiegel? Diesen Fragen ist jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam auf der Basis von Messdaten der Satellitenmission GRACE auf den Grund gegangen. Ergebnis: Die Eismassen über Grönland haben in den letzten Jahren kontinuierlich und weitaus mehr als erwartet abgenommen. Dadurch stieg der Meeresspiegel durchschnittlich um etwa 0,5 Millimeter pro Jahr an.

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Mit dem Start der Satellitenmission GRACE wurde es erstmals möglich, globale Massenänderungen wie zum Beispiel das Abschmelzen von Eismassen zu bestimmen, indem man Änderungen der Erdanziehungskraft – Gravitation – misst. Das dahinterstehende Prinzip ist einfach: Es basiert darauf, dass eine Umverteilung der Erdmasse zwangsläufig eine Änderung des Gravitationsfeldes der Erde nach sich zieht.

Stärkster Massenschwund auf Grönland

Deshalb messen die Wissenschaftler, wie sich die Kraft, mit der eine Probemasse von der Erde angezogen wird, über einen bestimmten Zeitraum hinweg verändert. Daraus ziehen sie Rückschlüsse auf Massenänderungen an der Erdoberfläche.

Die Satelliten-Daten zeigen nun nach Angaben der Forscher des Geodätischen Instituts der Universität Stuttgart und der Curtin University of Technology in Perth, Australien, dass Grönland den stärksten Massenschwund zu verzeichnen hat, was vorrangig durch das anhaltende Schmelzen der dortigen Eisschilde zu erklären ist.

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Arktische Insel verliert mehr Eis als gedacht

Die arktische Insel verliert danach jährlich zwischen 165 und 189 Kubikkilometer Eis – weit mehr, als aufgrund der Ergebnisse von Messungen mit alternativen Verfahren in den 1990er-Jahren bisher angenommen wurde. Der Abschmelzvorgang bewirkt den Zufluss der entsprechenden Wassermassen in die Ozeane. Zudem bedingen die global steigenden Temperaturen die thermische Ausdehnung des Wassers.

Allerdings ändert sich der Meeresspiegel entgegen der allgegenwärtigen Vorstellung nicht gleichmäßig über die Ozeane hinweg, so die Wissenschaftler. Vielmehr bedingt die globale Massen-Neuverteilung eine regional sehr unterschiedlich ausgeprägte Variation des Meeresspiegels. Dabei gilt das Prinzip, dass das Schmelzen der Eismassen auf der Nordhalbkugel den Meeresspiegel auf der südlichen Hemisphäre am stärksten anwachsen lässt. Umgekehrt wirkt sich der Eismassenverlust über der Antarktis am stärksten auf der Nordhalbkugel aus.

Alarmierende Ergebnisse

Zusammengerechnet sind die Effekte nach den Ergebnissen der Forscher alarmierend. Schließlich leben heute in den Küstengebieten weltweit Millionen Menschen. Schon Hochrechnungen aufgrund bisheriger Messungen über Grönland lassen über 100 Jahre hinweg auf einen Anstieg des Meeresspiegels von fünf Zentimetern schließen – und dabei ist weder die beschleunigte Abnahme der Eismasse, noch die Eisschmelze über der Antarktis berücksichtigt.

Bezieht man diese Progressionseffekte ein, so gelangt man nach Angaben des Forscherteams schnell zu einer Prognose von 50 Zentimetern Wasseranstieg bis zum Ende des Jahrhunderts. Um dies wissenschaftlich abzusichern, sind jedoch weitere Messungen erforderlich.

(idw – Universität Stuttgart, 01.12.2009 – DLO)

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