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Biologie

Waren Gesten die Vorform unserer Sprache?

Rechtshändige Schimpansen liefern entscheidende Hinweise zur Entwicklung der Sprache

Beim Kommunizieren mit Gesten bevorzugen Schimpansen stark ihre rechte Hand, nicht jedoch wenn sie beispielsweise Werkzeuge gebrauchen oder Klettern. Diese Rechtshändigkeit nur bei der Kommunikation könnte nach Ansicht von amerikanischen Primatenforschern darauf hindeuten, dass sich auch bei unseren Vorfahren die Sprache zunächst über Gesten entwickelt hat.

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Kein Säugetier besitzt eine so weitreichende Sprache wie wir Menschen. Aber wie genau hat sie sich entwickelt? Das ist noch immer nicht genau geklärt. Jetzt haben Wissenschaftler am Yerkes National Primate Research Center in Atlanta gemeinsam mit Kollegen des Agnes Scott College in Decatur eine wichtige Entdeckung gemacht. Sie hatten für ihre Studie die Handnutzung von 70 in Gefangenschaft lebenden Schimpansen über zehn Monate lang beobachtet.

Besonderes Augenmerk legten die Forscher dabei auf die Gesten, die die Affen zur Kommunikation mit Artgenossen verwendeten, wie beispielsweise ein Klaps, ein das Heben oder Ausstrecken eines Arms als Drohung, Aufforderung, zur Versöhnung, Begrüßung oder auch Einladung zu Spiel oder Groomen. Ziel war es herauszufinden, ob die Tiere eine so genannte 2Lateralisierung2 zeigten, also eine Hand bevorzugten.

Rechtshänder wenn es um Gestenkommunikation geht

Und tatsächlich: Bei Hand- und Armbewegungen, die der Kommunikation dienten, waren die Affen ausgeprägte Rechtshänder. Bei normalen Tätigkeiten jedoch wie dem sich Kratzen, Essen oder der Nutzung von Werkzeugen, konnten die Wissenschaftler keine so eindeutige Bevorzugung feststellen.

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„Die Dominanz der rechten Hand bei Gesten ist eine der ausgeprägtesten, die wir jemals in Schimpansen beim Vergleich mit nicht-kommunikativen Handbewegungen gefunden haben“, erklärt Professor William D. Hopkins vom Agnes Scott College. „In zeigenden Gesten gegenüber Menschen haben wir schon zuvor solche Bevorzugungen bemerkt. Diese Daten belegen nun, dass die Rechtshändigkeit bei Gesten nicht speziell mit Interaktionen mit dem Menschen verknüpft sind, sondern auch allgemein bei innerartlicher Kommunikation bestehen.“

Linke Gehirnhälfte zuständig für Kommunikation

Da die Bewegungen der rechten Körperseite und damit auch der rechten Hand von der linken Gehirnhälfte gesteuert werden, deutet dies auch auf eine Lateralisierung des Gehirns in Bezug auf kommunikative Gesten hin, so die Schlussfolgerung der Forscher. Das aber ist deshalb spannend, weil bei den meisten Menschen das wichtigste Organ der Kommunikation, das Sprachzentrum, ebenfalls in der linken Hälfte des Gehirns sitzt. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass unsere sprachliche Lateralisierung seinen Ursprung in der Gestenkommunikation unserer Vorfahren hat.

Gesten als Vorform der menschlichen Sprache?

„Diese Ergebnisse liefern eine zusätzliche Bestätigung für die Idee, dass sich Sprache ursprünglich aus einem gestischen Kommunikationssystem unserer Ahnen entwickelt hat“, erklären Adrien Meguerditchian und Jacques Vauclair von der Universität Aix-Marseille, Koautoren der Studie. „Darüber hinaus teilt die Gestenkommunikation der Affen einige Schlüsselmerkmale mit der menschlichen Sprache, darunter Intentionalität, Flexibilität im Lernen und Einsatz und referentielle Eigenschaften.“

(Elsevier, 20.11.2009 – NPO)

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