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Physik

Rastertunnelmikroskop schaltet Atomspins um

Schaltung für atomare Bits durch Wechselwirkungen mit Mikroskopspitze

Eine Frage des Abstands: Wenn sich die Spitze eines Rastertunnelmikroskops (RTM) weiter entfernt von einem Atom befindet, richtet sich das magnetische Moment in dem Atom parallel zu demjenigen in der RTM-Spitze aus (links). Bei kürzerem Abstand orientiert es sich entgegengesetzt (rechts). © MPI für Mikrostrukturphysik

Feiner geht es nicht: Wissenschaftlern ist es gelungen, die Magnetisierung einzelner Atome zu manipulieren. Mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops schalten sie diese von „Spin up“ auf „Spin down“ um – einfach indem sie den Abstand der Spitze zum Atom ändern. Die jetzt in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlichte Studie könnte dazu beitragen, heutige Computer, deren Bits Zehntausende von Atomen groß sind, wesentlich weiter zu entwickeln.

Wenn zur Informationsverarbeitung, zum Beispiel auf Computer-Festplatten, nicht die elektrische Ladung sondern der Drehimpuls, der so genannte „Spin“, der Elektronen genutzt wird, hat das viele Vorteile. Die neuen Rechner wären kleiner, schneller und hätten einen geringerem Energieverbrauch. Das magnetische Moment des Spins wirkt wie ein winziger Stabmagnet. Je nachdem, in welche Richtung sein Nordpol weist, kann der Stabmagnet und somit das Atom die „0“ oder „1“ eines Bits speichern. Valeri Stepanyuk vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle und seine Kollegen aus Deutschland, Irland und Frankreich haben jetzt dazu beigetragen, die so genannte Spintronik erheblich voranzubringen.

Spin-Schaltung durch gegenseitige „Einflussnahme“

Die Wissenschaftler untersuchten in einer Simulation ein System aus einzelnen magnetischen Metallatomen, die an einer Kupferoberfläche adsorbiert waren („Adatome“), und denen sie sich mit der ebenfalls magnetischen Spitze eines Rastertunnelmikroskops (RTM) näherten. Um das Modell so wirklichkeitsnah wie möglich zu machen, benutzten sie etablierte Rechenverfahren und führten sogenannte ab-initio-Berechnungen aus, also Simulationen, die an keine Messwerte angepasst wurden, sondern in denen sie lediglich Naturkonstanten verwendeten.

Die Berechnungen ergaben, dass sie schon durch einfaches Verändern des Abstandes zwischen den Adatomen und der RTM-Spitze einzelne Elektronenspins beeinflussen können. Entscheidend ist dabei die so genannte Austauschwechselwirkung. Sie ist ein rein quantenmechanischer Effekt, der beschreibt, wie sich die Spins von RTM-Spitze und Adatom gegenseitig beeinflussen.

Abstand und Material bestimmen Wirkung

Wie stark die Austauschwechselwirkung ist und wie sie sich im Detail auswirkt, hängt dabei vom Abstand zwischen RTM-Spitze und Adatom ab. Kommen sich beide sehr nahe, so bewirkt die Austauschwechselwirkung, dass sich die Spins der Adatome entgegengesetzt zum magnetischen Moment der RTM- Spitze ausrichten – in etwa so wie sich zwei Stabmagnete auch nur mit ihren entgegengesetzten Polen, also Nord- und Südpol, nahe zueinander bringen lassen.

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Ist der Abstand zwischen RTM-Spitze und Adatom hingegen etwas größer, so ist die Austauschwechselwirkung verantwortlich dafür, dass die Adatome dem Herdentrieb folgen: Ihre Spins stellen sich dann parallel zum magnetischen Moment der RTM- Spitze ein. Der genaue Abstand, bei dem die Austauschwechselwirkung zwischen dem Spin eines Adatoms und der RTM-Spitze von der entgegengesetzten in die parallele Orientierung umschlägt, hängt davon ab, welches Material für die RTM-Spitze und für die Adatome gewählt wird.

Die Wissenschaftler haben für die vorliegenden Simulationen eine RTM-Spitze aus Chrom gewählt; bei den Adatomen handelte es sich wahlweise um Chrom, Mangan, Eisen und Kobalt. Die Berechnungen sind allerdings ohne Probleme an andere Materialsysteme anzupassen. Ebenso nahe liegend ist die experimentelle Realisierung, für die bereits eine Kooperation mit Experimentalphysikern geplant ist.

(Max-Planck-Gesellschaft, 06.11.2009 – NPO)

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