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Paläontologie

Ein Drittel der Dinoarten falsch?

Neue Analysen enthüllen vermeintliche Spezies als Jugendstadien bereits bekannter Arten

Dracorex, Stygimoloch und Pachycephalosaurus wyomingensis entpuppten sich an Angehörige der selben Art. © Holly Woodward/Montana State University

Paläontologen haben drei vermeintlich verschiedene „Dickkopf“-Saurierarten mit Hilfe von CT-Scans und Knochenanalysen neu untersucht und alle drei als Angehörige der gleichen Art entlarvt. Sie schätzen, dass rund ein Drittel aller in letzter Zeit benannten Dinosaurierarten der späten Kreidezeit möglicherweise keine eigenen Arten, sondern nur Jugendstadien bereits bekannter Dinos sein könnten.

Ein starker Schwund hat die Dinosaurier der späten Kreidezeit erfasst. Nicht wegen eines bisher unbekannten Aussterbeereignisses, sondern weil viele bisher vermeintlich neue Arten sich inzwischen als Entwicklungsstadien ein und derselben Art herausstellen. Bereits in den letzen Jahren hatte sich der Nanotyrannus nicht als kleiner Verwandter des T.rex, sondern als Jugendstadium entpuppt, im letzten Monat „verschwand“ der dreihörnige Torosaurus, entlarvt als alter Triceratops, aus der Artliste, gefolgt von gleich mehreren Schnabelkopf-Hadrosauriern.

„Jungtiere und Halbwüchsige dieser Dinosaurier sehen sehr, sehr anders aus als die Erwachsenen und scheinen dann einer anderen Art anzugehören“, erklärt Mark B. Goodwin, Assistenzdirektor des Museums für Paläontologie der Universität von Kalifornien in Berkeley. „Aber einige Wissenschaftler verwechseln morphologische Unterschiede verschiedener Entwicklungsstadien mit taxonomisch bedeutenden Charakteristiken. Das Ergebnis ist eine aufgeblasene Anzahl von Dinosaurierarten in der späten Kreidezeit.“

Dickkopf-Saurier unter der Lupe

In einer neuen Studie haben nun Goodwin und sein Kollege John Horner vom Museum of the Rockies der Montana State Universität weitere Dinosaurier unter die Lupe genommen. Sie analysierten die Schädel von drei der vier in Nordamerika gefundenen „Dickkopf“-Dinosauriern (Pachycephalosauriden). Neben dem 1943 entdeckten Namensgeber der Gruppe, Pachycephalosaurus wyomingensis, waren dies der 1973 gefundene „Dickkopf“ Stygimoloch spinifer aus Montana und der eher drachenähnliche Schädel des Dracorex hogwartsia, einer 2006 in South Dakota entdeckten und nach der Schule der Romanfigur Harry Potter benannten Art. Insgesamt verglichen die Wissenschaftler 21 Schädel und Schädelfragmente

Kopf von Stygimoloch mit bereits deutlichen Hörnern © gemeinfrei

„Aus“ für Stygimoloch und Dracorex

Computertomografie und mikroskopischen Analysen von Knochenproben ergaben ein nach Ansicht der Forscher eindeutiges Bild: Pachycephalosaurus und Stygimoloch gehören auf jeden Fall zur gleichen Art. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei Stygimoloch mit seinem hohen aber schmalen Schädelhöcker um ein subadultes Tier, quasi einen „Teenager“. Noch nicht verschmolzene Knochennähte und Wachstumsgewebe deuten auf ein zur Todeszeit noch andauerndes Wachstum hin.

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Die morphologische Analyse von Dracorex ergab hingegen Indizien für ein noch jüngeres Alter. “Dracorex‘ flacher Schädel mit Knoten an der Vorderseite und kleinen Hörnchen auf der Rückseite ist verdickt aber ohne den aufgewölbten Frontoparietalknochen“, erklärt Goodwin. „Dies alles bestätigt, dass es sich hier um einen jungen Pachycephalosaurus handelt.“

Ein Drittel aller Arten falsch?

Nach Meinung der Forscher könnte es sich bei dieser Neuzuordnung um alles andere als einen Einzelfall handeln. Sie schätzen, dass möglicherweise sogar ein Drittel aller benannten Dinosaurierarten auf solche Fehlzuordnungen zurückgehen und in Wirklichkeit nichts anderes als verschiedene Entwicklungsstadien bereits bekannter Arten sein könnten.

„Was wir in der Hell Creek Formation in Montana sehen deutet darauf hin, dass wir um ein Drittel falsch liegen“, so Horner. „Eine Menge der Dinosaurier, die erst kürzlich benannt worden sind, könnten in diese Kategorie fallen.“

Kopfstrukturen als Alterskennzeichen

Während die verschieden geformten Kopfstrukturen lange Zeit als Anpassung an Kämpfe gedeutet worden waren, beginnt sich jetzt immer mehr die Erkenntnis durchzusetzen, dass ihre Funktion möglicherweise eher dem Federkleid der Vögel glich, dass für Artgenossen als Anzeichen für Artzugehörigkeit, Geschlecht und Alter fungiert.

„Dinosaurier, wie Vögel und viele Säugetiere, zeigten Neotenie, das heißt, dass sie juvenile Merkmale während des Wachstums lange Zeit behielten“, erklärt Horner. Die Kopfornamente der Dinosaurier, die vermutlich durch farbige Keratinschuppen bedeckt waren, begannen erst zu wachsen, wenn die Tiere ungefähr die Hälfte ihrer endgültigen Größe erreicht hatten. Während der Reife und Wachstumsphase veränderten die Strukturen Form und Größe, möglicherweise sogar noch im Laufe des Erwachsenenlebens.

Insbesondere der so genannte metaplastische Knochen auf dem Kopf der gehörnten Dinosaurier wird wie kein anderer im Laufe des Lebens verformt, vergleichbar den Hörnern der heutigen Hirsche und Elche. In früheren Studien hatten Horner und Goodwin bereits beim Triceratops dramatische Umbildungen entdeckt.

(University of California – Berkeley., 04.11.2009 – NPO)

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