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Medizin

Immunsystem: Infizierte Zellen funken SOS

Freisetzung von ATP als Alarmsignal

Marburger Mediziner haben herausgefunden, dass das Immunsystem nicht nur durch Antigene oder Infektionssignale aktiviert wird, sondern auch durch die Freisetzung von Alarmsignalen durch infizierte oder mechanisch geschädigte Zellen.

Durch welche Mechanismen wird das Immunsystem aktiviert, wenn Zellen zugrunde gehen oder Krankheitserreger in den Körper eindringen? Diesem grundlegenden Problem der Immunologie sind die Wissenschaftler des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg nachgegangen. Die Mediziner untersuchten dabei die Rolle von „Alarmsignalen“ (danger signals) bei der Steuerung des Immunsystems.

Die Forschungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Freisetzung von Adenosintriphosphat (ATP) aus geschädigten oder infizierten Zellen ein Alarmsignal darstellt, das über eine komplexe Signalkaskade zu einer Aktivierung des Immunsystems führt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Qualität und das Ausmaß der Immunantwort auf körperfremde Substanzen (Antigene) durch die Kombination von so genannten Infektionssignalen (infectious non-self signals) und Alarmsignalen wie der Freisetzung von ATP gesteuert wird.

Gratwanderung: Die Antwort des Immunsystems auf potenzielle

Krankheitserreger

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Das Immunsystem des Körpers dient der Abwehr körperfremder Substanzen und Mikroorganismen sowie der kontinuierlichen Elimination anomaler (zum Beispiel maligner, also bösartig entarteter) körpereigener Zellen. Viele zelluläre Mechanismen, die an der Immunabwehr beteiligt sind, kennen die Forscher inzwischen, doch die wesentliche Frage wird immer noch diskutiert: Welche Prozesse lösen letztendlich die Immunantwort des Körpers aus?

Diese Prozesse sind komplex, denn die der jeweiligen Situation angemessene Antwort ist eine Gratwanderung: Um Infektionen bekämpfen zu können, muss das Immunsystem zunächst körpereigene Substanzen (self) und körperfremde Substanzen (non-self) unterscheiden. Es muss zuverlässig auf Krankheitserreger reagieren, darf jedoch auf keinen Fall durch körpereigene Proteine aktiviert werden, weil es dann zu Autoimmunkrankeiten wie zum Beispiel Myasthenie oder Multipler Sklerose kommen kann. Andererseits dürfen bestimmte körperfremde Substanzen nicht zu einer Aktivierung des Immunsystems führen: Zum Beispiel muss sich das Immunsystem gegenüber apathogenen (nicht krankheitserregenden) Keimen im Magen-Darm-Trakt oder Fremdproteinen des Embryos im Mutterleib „tolerant“ verhalten.

Die jetzt veröffentlichten Resultate der Marburger Wissenschaftler, die mit kultivierten Zellen (in vitro) – nicht im intakten Organismus (in vivo) – gewonnen wurden, deuten darauf hin, dass die Entscheidung des Immunsystems zwischen aktiver Immunantwort oder Toleranz wesentlich davon abhängt, ob ein Alarmsignal wie ATP im Raum außerhalb der Zellen vorhanden ist oder nicht. Sollten sich diese Ergebnisse in vivo bestätigen, wäre damit ein wichtiger Fortschritt bei einem der grundlegenden Probleme der Immunologie erzielt.

(idw – Philipps-Universität Marburg, 23.06.2004 – DLO)

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