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Chemie

Aus flüssig mach‘ Graphen

Universeller Bildungsweg zur Gewinnung zukünftiger Nanobauteile entdeckt

In der Abbildung ist der schematische Zerfall eines molekularen Precursors sowie die Bildung einer monoatomaren Kohlenstoffschicht (Graphen) auf dem Metallsubstrat zu sehen. © Universität des Saarlandes

Vielleicht schon in einigen Jahren arbeiten die elektronischen Bauteile von Computern, die derzeit auf Silizium-Technologie basieren, mit einem Stoff, der aus nur einer Schicht von Kohlenstoff-Atomen besteht: Graphen. Bisher war es jedoch nicht möglich, Graphen großflächig zu gewinnen. Jetzt aber haben Chemiker und Physiker ein grundlegend neues Verfahren entwickelt, mit dem graphenbeschichtete Oberflächen hergestellt werden können.

Eine einzelne Lage von Kohlenstoff-Atomen, die sich wabenartig zu einem geordneten Gitter fügen: Dieser Stoff namens Graphen wird der Computertechnologie in den nächsten Jahrzehnten völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Davon sind die meisten Forscher überzeugt. Der Grund: Graphen kann in immer kleiner werdenden elektronischen Bauteilen verwendet werden – im Gegensatz zu Silizium, das in winzigsten Transistoren zunehmend instabil wird. Graphen ist dagegen sehr stabil und bietet einen weiteren entscheidenden Vorteil: Es arbeitet in einem Transistor tausendmal schneller als Silizium.

Bisherige Versuche, Graphen durch Spaltung von Graphit zu gewinnen, waren in der Vergangenheit zwar erfolgreich, jedoch nur im Labormaßstab. Für Anwendungen in der Industrie, wo großflächige Schichten erzeugt werden müssen, ist diese Methode unpraktikabel. Einer Forschergruppe der Universität des Saarlandes ist es nun gemeinsam mit Physikern aus Augsburg und Nottingham gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem Oberflächen großflächig mit einer einzigen Lage von Graphen beschichtet werden können.

Ausgangssubstanzen flüssig statt fest

Im Gegensatz zu den bisherigen Ansätzen handelt es sich um einen chemischen Prozess, bei dem Kohlenstoff aus einer flüssigen Vorläuferverbindung abgeschieden wird. Als Ausgangsstoffe testeten die Wissenschaftler verschiedene kohlenstoffhaltige Substanzen wie beispielsweise Aceton, das sich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammensetzt. Diese so genannten Vorläufermoleküle oder Precursoren wurden in einem Ultrahochvakuum auf bis zu 700 Grad Celsius erhitzt.

„Dabei bleiben vom Aceton mit seinen drei Kohlenstoff-Atomen immer zwei Kohlenstoff- Atome in Form einer Hantel zurück, die sich zu einem wabenartigen Graphen-Gitter anordnen“, erklärt Frank Müller vom Institut für Experimentalphysik und erklärt, warum die so entstandene Graphen-Lage ideal ist: „Die Atome in diesem Gitter sind hoch geordnet, und es handelt sich um genau eine Schicht – also das, was wir brauchen.“

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Universellen Bildungsweg entdeckt

Müller hat gemeinsam mit Stefan Hüfner, Professor für Physik an der Universität des Saarlandes verschiedene Precursoren aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff getestet. Durchgeführt wurden die Arbeiten im Rahmen des EU-Projektes „Nanomesh“ unter der Leitung von Hermann Sachdev, der sich insbesondere mit der Precursorchemie beschäftigt. „Wir konnten zeigen, dass es einen universellen Bildungsweg für Graphen gibt“, erläutert Sachdev. „Dieser Bildungsweg führt immer über die gleichen molekularen Zwischenstufen aus zwei Kohlenstoff-Atomen, unabhängig davon, welche Vorläufermoleküle wir gewählt haben.“

Einen entscheidenden Nachteil hat das Verfahren: Bisher ist die Graphen-Abscheidung nur auf metallischen Oberflächen gelungen. Diese sind für technische Anwendungen, speziell im Hinblick auf elektronische Bauelemente, allerdings weniger interessant, da hier immer eine Kombination von Leitern, Halbleitern und Isolatoren gebraucht wird. Die Saarbrücker Forscher arbeiten nun daran, Graphen auf Isolatoren oder Halbleitern wachsen zu lassen. Wenn das gelingen sollte, wäre eine Revolution der IT-Technologie greifbar.

(Universität des Saarlandes, 15.10.2009 – NPO)

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