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Astronomie

Saturnringe sind buckelig

Äquinoktium enthüllt überraschend weit aus der Ringebene herausragende Formationen

Der in der Keeler-Lücke kreisende Mond Daphnis "zieht" Ringmaterial wulstig in die Höhe. Es wirft Schatten auf den A-Ring. © NASA/JPL

Buckel und Wälle so hoch wie die Rocky Mountains türmen sich in den vermeintlich flachen Ringen des Saturns auf. Erst die langen Schatten der im August genau senkrecht auf die Ringebene treffenden Sonne enthüllten diese überraschenden Formationen. Die im Saturnsystem kreisende Raumsonde Cassini war Zeuge dieses nur alle 29,7 Jahre stattfindenden Ereignisses.

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Die Ringe des Saturn gehören zu den faszinierendsten und bekanntesten Phänomenen des Sonnensystems. Am 11. August 2009 ereignete sich dort ein Ereignis, dass so nur alle 29,7 Erdenjahre zu beobachten ist: Die Sonnenstrahlen trafen genau senkrecht auf die schmale Außenkante der aus Eis- und Staub bestehenden Ringe. Während dieses so genannten Äquinoktiums werfen schon die kleinsten Erhebungen lange Schatten und können ausfindig gemacht und gemessen werden.

Rund eine Woche lang konnten Wissenschaftler der NASA das Geschehen quasi aus der ersten Reihe verfolgen: Die NASA-Sonde Cassini, seit 2004 im Saturnsystem unterwegs, richtete alle ihre Kameras und Instrumente auf die Ringe. „Das ist als wenn man eine 3D-Brille aufsetzt und zum ersten Mal die Dinge in der dritten Dimension sieht“, erklärt Bob Pappalardo, Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratorium der NASA in Pasadena. „Das gehört zu den wichtigsten Dingen, die Cassini uns bisher gezeigt hat.“

Buckel und Wellen ragen aus den Ringen heraus

Und tatsächlich enthüllten die Bilder Überraschendes: Denn zum ersten Mal konnte die Astronomen sehen, wie weit einige Brocken aus den dünnen Ringen herausragen. „Die größte Überraschung war es, so viele Stellen mit vertikalen Erhebungen ober- und unterhalb der ansonsten papierdünnen Ringe zu sehen“, erklärt Linda Spilker, Projektmitarbeiterin am JPL. „Zu verstehen, was genau wir da sehen, wird noch ein wenig Zeit brauchen, aber die Bilder und Daten werden dazu beitragen, ein besseres Verständnis des Alters der Ringe und ihrer Entwicklung zu erhalten.”

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Eisiger Wall von vier Kilometern Höhe

Die Hauptringe A, B, C und D erstrecken sich 136.000 Kilometer weit nach außen vom Zentrum des Planeten aus gesehen, doch ihre Dicke erreicht gerade knapp zehn Meter. Die neuen Bilder von Cassini jedoch enthüllen, dass sich Eisbrocken zu vertikalen Formationen auftürmen, die weitaus höher hinaus reichen. Im innersten D-Ring ragen sie mehr als 800 Meter auf, um dann nach außen hin bis zum B-Ring wellenartig mal höher mal niedriger zu werden. Die höchste vertikale Erhebung entsteht durch die Schwerkrafteinwirkung des Saturnmonds Daphnis, der in der Keeler-Lücke des A-Rings kreist. Er türmt einen eisigen Wall von gut vier Kilometern Höhe in einem der Ringebereiche auf.

„Wir dachten die Ebene der Ringe wäre kaum höher als zwei Stockwerke eines modernen Gebäudes, stattdessen stoßen wir auf Wälle von mehr als vier Kilometern Höhe“, so Carolyn Porco, Leiterin des Cassini Bildauswertungsteams am Space Science Institute in Boulder, Colorado. „Ist das nicht das unglaublichste, was man sich vorstellen kann? Das ist wirklich wie aus einem Science-Fiction-Roman.“

Staubwolken als Kollisionsindiz

Die Kameras der Saturnsonde lieferten jedoch noch weitere Sensationen: Sie zeigten helle Streifen in zwei Ringen, die sich als Staubwolken entpuppten. Nach Ansicht der Astronomen sind sie entstanden, als Ringpartikel miteinander oder mit kleinen kosmischen Objekten kollidierten. Solche Beobachtungen helfen dabei, die Häufigkeit solcher Kollisionen abzuschätzen und damit auch die Modelle der Prozesse und Entwicklungen in den Ringen zu verbessern.

Extreme Abkühlung durch Äquinoktium

Cassini nahm das Geschehen nicht nur mit seinen Kameras auf, die Sonde maß gleichzeitig auch mithilfe seines Infrarotspektrometers die Temperatur der Saturnringe während des Äquinoktiums. Wie erwartet kühlten die Ringe durch den fehlenden Sonnenschein deutlich ab. Die niedrigsten jemals registrierten Temperaturen erreichte der A-Ring mit frostigen minus 230°C. Stärke und Geschwindigkeit der Abkühlungen verraten den Astronomen mehr über die Zusammensetzung der Ringe.

(NASA/JPL, 23.09.2009 – NPO)

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