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Physik

Cäsium-Atom als Lichtschalter

Mini-Spiegel machen Quantensprünge sichtbar

Einen echten Quantensprung haben jetzt deutsche Physiker verkündet – und das nicht nur im übertragenen Sinne: Ihnen war es gelungen, Quantensprünge sichtbar zu machen. Dazu nutzten sie ein einzelnes Cäsium-Atom, das ihnen gewissermaßen als Lichtschalter diente. Weitere Zutat ihrer Methode: die besten Spiegel, die heute weltweit erhältlich sind. Wie das Ga ze funktioniert und wozu es gut ist, berichten sie jetzt in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

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Wer sich schon mal zwischen zwei Spiegel gestellt hat, kennt den Effekt: Das eigene Bild scheint sich – immer kleiner werdend – endlos zu wiederholen. In Wirklichkeit wird das Bild aber schon nach ein paar Dutzend Reflektionen zu schwach, als dass man noch viel erkennen könnte. Grund: Spiegel reflektieren immer nur einen Teil des Lichts, den Rest verschlucken sie. Nicht anders ist das bei den Spiegeln, die die Forscher am Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn um Professor Dieter Meschede eingesetzt haben. Ein wenig besser als die in einem durchschnittlichen Badezimmer sind sie allerdings schon: Etwa 300.000 Mal können sie mit dem Licht Ping-Pong spielen, bevor es sich verliert.

Spiegel spielen Ping-Pong mit dem Licht

„Es gibt momentan keine Spiegelschicht, die im optischen Bereich noch besser reflektieren würde“, betont der Physiker Wolfgang Alt. Die Spiegel sind so gut, dass sich Licht zwischen ihnen einsperren lässt. Wenn man das tut, kann man mit einer kleinen Lichtmenge Messungen durchführen, für die man sonst sehr viel Licht benötigen würde. Gleichzeitig verringert sich die Gefahr, dass das Licht die Messung stört. Und genau das ist es, was die Bonner Physiker versuchen wollten: Messen, ohne das Ergebnis durch die Messung zu beeinflussen.

„Wir haben dazu zwischen zwei Mini-Spiegel ein Cäsium-Atom gesperrt und dann einen Laserstrahl eingekoppelt“, erklärt Alt. „Das Cäsium konnte dabei in zwei verschiedenen Zuständen vorliegen: Im Zustand 0 verhinderte es, dass sich der Bereich zwischen den Spiegeln mit Licht füllte. Im Zustand 1 störte es den Laserstrahl dagegen nicht.“ Das Licht signalisiert so den Zustand des Atoms.

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Cäsium: An oder aus statt Überlagerung

Genau genommen war das Ganze noch ein wenig komplizierter: Atome sind Quantenteilchen, die in einer Überlagerung verschiedener Zustände existieren können. Physiker sprechen auch von einer Superposition. Das Cäsium war also gewissermaßen gleichzeitig ein wenig im Zustand 0 und ein bisschen im Zustand 1. Wenn man den Zustand eines solchen Atoms misst, wird die Superposition

zerstört. Das ist ein physikalisches Naturgesetz und gilt selbst für die perfekte Messung.

Was würde man also erwarten, wenn man ein solches wankelmütiges Cäsium zwischen die Spiegel sperrt? Es sollte sich entweder für den Zustand 0 entscheiden und damit das Licht im Spiegelkabinett ausknipsen. Oder es nimmt den Zustand 1 an und stört den Laserstrahl nicht. „Das ist genau das, was wir auch sehen“, sagt Alts Kollege Artur Widera. „Das Licht in unserer Apparatur ist immer entweder ganz an oder ganz aus.“

Cäsium-Atome als Mimosen

Gleichzeitig sind Cäsium-Atome Mimosen: Sie lassen sich durch Licht leicht von einem Zustand in den anderen schubsen – aus 0 wird 1, aus 1 wird 0. Physiker sprechen auch von Quantensprüngen. Diese Sprünge sorgen dafür, dass das Licht zwischen den Spiegeln flackert. Normalerweise würde das so schnell erfolgen, dass sich dieses Flackern nicht sichtbar machen ließe.

„Wir benötigten aber aufgrund unserer Spiegel-Konstruktion nur sehr schwache Lichtintensitäten“, sagt Alt.“Entsprechend gering ist der Störeinfluss, den unsere Messung auf den Zustand des Cäsiums ausübte. Die Quantensprünge erfolgten daher relativ selten – so selten, dass wir live beobachten konnten, dass das Licht zwischen den Spiegeln an- und ausgeschaltet wurde.“

Das Ergebnis dokumentiert aber auch, wie extrem empfindlich Quantensysteme sind. „Im Grunde genommen zeigen uns derartige Quantensprünge, dass unsere Messungen zwar gut, aber noch nicht perfekt sind“, so Alt. „Wir müssen nun lernen, derartige Störeffekte komplett auszuschalten. Erst dann können wir an Anwendungen wie den Quantencomputer überhaupt denken.“

(Universität Bonn, 22.09.2009 – NPO)

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