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Biologie

Auch Fruchtfliegen-Weibchen „gucken ab“

Erster Beleg für soziales Lernen auch bei einzelgängerischen Insekten

Fruchtfliegen-Weibchen sind zwar Einzelgängerinnen, aber durchaus fähig zum „Abgucken“: Zum ersten Mal haben kanadische Forscher jetzt bewiesen, dass auch die Fruchtfliegen soziales Lernen praktizieren: Unerfahrene Jungweibchen schauen sich geeignete Eiablageplätze von erfahreneren Weibchen ab. Möglicherweise war es erst diese grundlegende Fähigkeit, so Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“, die die Entwicklung staatenbildender Insekten ermöglichte.

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Fruchtfliegen mögen für viele Wissenschaftler das liebste Haustier sein, für den Rest von uns sind die kleinen Fliegen einfach nur lästig: Sie legen ihre Eier auf unserem Obst ab und fliegen, wenn wir sie aufscheuchen, uns auch gerne mal ins Gesicht. Auch wenn sie oft in Schwärmen in unserer Obstschale vorkommen, Drosophila melanogaster ist kein soziales Insekt im engeren Sinne. Im Gegensatz zu Bienen oder Ameisen leben die Tiere nicht in festen Verbänden.

Obstschale als Experimentierfeld

Wissenschaftler der kanadischen McMaster Universität haben sich dieser Fliege und ihres Verhalten jetzt näher angenommen. Sie wollten wissen, ob die Einzelgänger trotzdem vom Wissen der Artgenossen profitieren können. Mit anderen Worten: Gibt es bei Drosophila so etwas wie soziales Lernen? Um dies zu testen führten die Forscher verschiedene Versuche mit jungen, unerfahrenen Drosophila-Weibchen durch.

Vorbild wirkt besser als Lockstoff

In einem Experiment ließen sie zunächst ältere Fruchtfliegen ihre Eier auf einigen überreifen Früchten ablegen. Landeten dann die jungen, noch ungepaarten Weibchen auf einer solchen Frucht, schienen sie sich diesen Ort als „günstig“ zu merken. Denn später, nach ihrer Paarung, legten die Jungfliegen ihre Eier an genau der gleichen Stelle ab, statt sich andere ebenso reife Früchte zu suchen. Das Vorbild des älteren Weibchens beeinflusste offenbar das Verhalten der Fliegen.

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Anders dagegen sah es aus, wenn die reife Frucht zuvor von jungfräulichen Weibchen besucht worden waren oder aber von den Forschern mit einem Aggregations-Pheromon, einem anlockenden Duftstoff, versehen wurde. In diesen Fällen dachten die Fruchtfliegen nicht daran, ihre Eier ausgerechnet nur dort abzulegen. Sie wählten dann auch andere entsprechend geeignete Früchte.

Soziales Lernen komplexer als gedacht

„Bei uns Menschen baut unsere gesamte Kultur auf sozialem Lernen auf, daher ist es für uns natürlich, wertvolles Wissen voneinander zu bekommen, aber die meisten Tiere sind hier vollkommen auf sich allein gestellt“, erklärt Reuven Dukas, Professor für Psychologie, Neurowissenschaften und Verhalten an der Duke Universität. Doch seiner Ansicht nach können auch solitäre Insekten soziales Lernen zeigen. Möglicherweise, so seine These, war es erst diese grundlegende Fähigkeit, die die Entwicklung der sozialen, staatenbildenden Insekten überhaupt ermöglichte.

„Die Fruchtfliege ist sehr viel raffinierter als viele Leute glauben oder glauben wollen”, so Dukas. „Dieser erste Beleg für soziales Lernen bei Fruchtfliegen eröffnet spannende Wege für die Erforschung der Evolution und Neurogenetik des sozialen Lernens.“

(McMaster University, 18.09.2009 – NPO)

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