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Chemie

Antibiotikum lehrt widerspenstige Mikroben das Fürchten

Neue Verbindung wirkt nicht nur gegen Keime, sondern auch als Antikrebsmittel

In Krankenhäusern und Pflegeheimen vermehren sich resistente Keime, denn viele bekannte Antibiotika sind bereits wirkungslos geworden. Diesem Problem setzen nun Wiener Wissenschaftler eine fundamentale Neuentwicklung entgegen.

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Sie haben die Leitstruktur für ein neuartiges Antibiotikum hergestellt, das widerspenstige Keime das Fürchten lehren könnte. Die Forscher um Thomas Magauer vom Institut für Organische Chemie der Universität Wien stellen ihre neuen Ergebnisse im Fachjournal „Angewandte Chemie“ vor.

Ausgangspunkt der Neuentwicklung ist ein Naturstoff – der Metabolit Kendomycin, den die Chemiker Magauer und Harry Martin in naturidentischer Form nachgebaut haben. Die Wirkung dieses Stoffes hat großes Potenzial, so Magauer: „Bei verschiedenen Tests hat sich herausgestellt, dass die Verbindung nicht nur antibiotisch, sondern auch entzündungshemmend wirkt und Anti-Tumoreigenschaften aufweist. Außerdem könnte sie gegen Osteoporose, also Knochenschwund, eingesetzt werden.

Die Natur als Vorbild

Magauer hat dann die Totalsynthese – Vorarbeiten dazu wurden bereits im Rahmen eines anderen Projekts gemacht – praktisch im Alleingang zu Ende geführt. „Der spannendste Moment war der vor der Endstufe“, erklärt Magauer, „denn wenn der letzte Schritt fehlgeschlagen wäre, hätten wir wieder bei Null beginnen müssen.“

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Schlussendlich haben der spektroskopische Nachweis und der biologische Datenvergleich ergeben, dass die Verbindung passt: „Dieser Erfolg sowie das Wissen, dass diese Verbindung zu einem – in der Medizin verwendbaren – Wirkstoff modifiziert werden kann, motiviert mich für die weitere Arbeit“, betont der Doktorand. Auch bei wohlbekannten Arzneistoffen wie Aspirin oder der Antibabypille handelt es sich um Verbindungen, die aus der Natur abgeleitet wurden.

Sensationelle Wirkung gegen besonders bösartige Keime

Die neue Verbindung wirkt auch gegen MRSA – Methicillinresistenten Staphylococcus aureus, einem besonders bösartigen Keim, der vermehrt in Krankenhäusern und Pflegeheimen auftritt. „In den Biofilmen, die sich zum Beispiel auf Kathetern bilden, befinden sich eine Menge Bakterien, die bereits so viele Antibiotika gesehen haben, dass ihnen keines mehr gefährlich werden kann“, so Professor Johann Mulzer unter dessen Leitung die neue Studie durchgeführt wurde. Deshalb müssen ständig neue Wirkstoffe entwickelt werden.

Und genau darin liegt der Vorteil von Magauers Verbindung: „Da es sich hierbei um eine Leitstruktur handelt, ist sie sehr variierbar. Ähnlich wie bei Penicillin können aus ihr Hunderte neue Verbindungen (so genannte Bibliotheken) abgeleitet werden“, erklärt der Forscher das Potenzial, das in der von ihm entwickelten Verbindung steckt.

Antibiotikum und Antikrebsmittel

Zudem kann der Stoff durch gezielte strukturelle Modifikation jeweils so optimiert werden, dass er als Antibiotikum, als Antikrebsmittel, als Mittel gegen Osteoporose oder gegen Entzündungen verwendet werden kann. „Aus einer Wirkung können also vier gemacht werden, was aber natürlich sehr aufwendig ist. Dafür sind die entsprechenden Ressourcen nötig, weshalb es nun Aufgabe von pharmazeutischen Unternehmen wäre, die Verbindung weiterzuentwickeln“, erklärt Mulzer.

(idw – Universität Wien,, 09.09.2009 – DLO)

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