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Technik

Atomuhr der Zukunft wird mobil

Optische Uhren sollen viel einfacher und kompakter werden als bisher

Blick in die Ultrahochvakuumkammer, in der Strontiumatome gekühlt und gespeichert werden. Im oberen Drittel des Fensters ist das blaue Fluoreszenzlicht einer Wolke kalter Strontiumatome zu sehen (das tropfenförmige Gebilde unter dem blau fluoreszierenden Atomstrahl im oberen Teil des Vakuumfensters). © PTB

Eine Uhr stellt man sich anders vor – doch ein optischer Tisch mit seinen vielen komplizierten Aufbauten ist tatsächlich eine. Solche optische Uhren könnten sogar die Atomuhren der Zukunft werden – sind doch einige von ihnen jetzt schon zehnmal genauer und stabiler als die besten Cäsium-Atomuhren. Nun könnten sie auch kompakter und sogar transportabel werden, vielleicht in Zukunft gar in den Weltraum fliegen.

Denn Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig haben gezeigt, wie einige prinzipielle Schwierigkeiten, die einen einfacheren Aufbau bisher verhindert hatten, vermieden werden können. Im nächsten Schritt wollen sie eine solche Uhr bauen, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“. Auch eine praktische Anwendung schwebt ihnen bereits vor: Die Uhr könnte helfen, geographische Höhen noch genauer als bisher zu bestimmen.

„Pendel“ schwingt schneller

Eine optische Uhr ist so genau, weil ihr „Pendel“ so schnell schwingt. Dahinter steckt derselbe Effekt, der eine Quarzuhr genauer als etwa eine klassische Standuhr macht: Das periodisch schwingende Element darin, der Schwingquarz, bewegt sich um ein Vielfaches schneller als das Standuhr-Pendel. So lässt sich die Skala gewissermaßen feiner aufteilen und auch feiner kontrollieren.

Noch schneller schwingt das Pendel einer Cäsium-Atomuhr: nämlich jene Mikrowellenstrahlung, die in jeweils einem Elektron eines Cäsiumatoms eine Spin-Änderung bewirken kann. Genau die Mikrowellenfrequenz, bei der dieser Effekt am größten ist, definiert die Sekunde. Eine optische Atomuhr arbeitet mit der noch höheren Frequenz von optischer Strahlung – also mit einem noch schnelleren Pendel.

Gekühlte Atome

Das Ganze funktioniert aber nur, wenn die Atome zuvor gekühlt werden. Weil wild herumzappelnde Atome durch den Dopplereffekt zu sehr großen Frequenzverschiebungen führen, werden in den besten dieser Uhren die Atome in einem ersten Präparationsschritt mit Hilfe von Laserkühlung auf ein Hundertstel der Geschwindigkeit eines Fußgängers gebremst. Das kennt man auch schon von den Cäsium-Fontänenuhren.

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In einer optischen Gitteruhr folgt dann noch ein weiterer Schritt, in dem die Atome in Potentialmulden, erzeugt durch das intensive Lichtfeld eines Lasers, festgehalten werden. Das ist das optische Gitter, das der Uhr ihren Namen gegeben hat. Mehrere zehntausend Strontiumatome stecken darin gewissermaßen fest. Dieser Trick schränkt die Bewegung der Atome auf den Bruchteil einer optischen Wellenlänge ein, sodass Verschiebungen durch den Dopplereffekt vernachlässigt werden können.

Potentialmulde als Gefängnis

In jeder Potentialmulde sind einige hundert Atome gefangen, die sich gegenseitig stören können. Verwendet man das Isotop Strontium-87, ein Fermion, kommen sich aufgrund des Pauli-Prinzips zwei dieser Teilchen bei sehr niedrigen Temperaturen nicht nahe. Das ist der Grund, warum bisherige optische Gitteruhren mit diesem Strontium-Isotop konstruiert wurden.

Aber leider hat dieses Isotop nur eine natürliche Häufigkeit von sieben Prozent und lässt sich zudem nur mit großem Aufwand mit Laserlicht kühlen. Daher ist es für einfache, transportable oder gar weltraumtaugliche Uhren prinzipiell schlechter geeignet.

Das mit über 80 Prozent häufigste Isotop Strontium-88, das sich auch einfacher kühlen lässt, ist allerdings ein Boson. Das heißt, selbst bei niedrigsten Temperaturen treten unter den Atomen viele Stöße auf. Sie können zu Verlusten und zu einer Verschiebung und Verbreiterung der Referenzlinie führen. Wie stark diese Stöße die Genauigkeit der Uhr beeinflussen, war bisher allerdings nicht bekannt.

Gravitationskarten bald noch genauer?

Die PTB-Wissenschaftler haben diese Einflüsse nun zum ersten Mal detailliert gemessen. Aus den Ergebnissen können die Forscher ableiten, wie das optische Gitter dimensioniert sein muss und wie viele Atome darin gespeichert werden dürfen, um auch mit Strontium-88 eine sehr genaue Gitteruhr zu betreiben. Auf dieser Grundlage wollen sie jetzt eine Uhr bauen, die kompakter und transportabler als bisherige Gitteruhren ist.

Die Uhr könnte nach Ansicht der Wissenschaftler künftig zur präzisen Bestimmung der Höhe eines Punktes über dem Geoid – also gewissermaßen dem Normal-Null der Gravitationskräfte der Erde – verwendet werden. Damit würde die neue Uhr beispielsweise Gravitationskarten noch genauer machen.

(idw – Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), 02.09.2009 – DLO)

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