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Geowissen

Antarktismodell löst Rätsel der „fehlenden Vereisung”

Westantarktis spielte entscheidende Rolle für Klimasturz vor 34 Millionen Jahren

Altes und neues Modell der Topographie der Antarktis. Im neuen wurden áuch Faktoren wie die Erosion, Sedimentation, thermische Kontraktion und die horizontale Plattenbewegung mit berücksichtigt. © UC Santa Barbara

Vor 34 Millionen Jahren erlebte die Erde eine plötzliche Abkühlung, ausgelöst durch eine wachsende Vereisung. Ein Großteil dieses neuen Eises entstand über der Ostantarktis, die Lage des restlichen jedoch war bisher rätselhaft. Jetzt hat ein neues Modell der antarktischen Topographie zu dieser Zeit bisherige Annahmen widerlegt und die Westantarktis als Ort der „fehlenden Vereisung“ enthüllt. Die jetzt in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters” veröffentlichte Studie wirft damit auch ein neues Licht auf die Klimageschichte.

Zu Zeiten der Dinosaurier, vor mehr als 65 Millionen Jahren, glich die Erde einem tropischen Treibhaus: Die Pole waren eisfrei, die Temperaturen deutlich höher als heute. Doch vor rund 34 Millionen Jahren änderte sich dies plötzlich: die Temperaturen sanken drastisch. Eine Schlüsselrolle für den Temperatursturz soll nach gängiger Theorie eine anwachsende Vereisung spielen. Das hoch gelegene Gebiet der heutigen Ostantarktis gilt dabei als Anfang und Auslöser. Die Westantarktis, so die Annahme, bestand dagegen aus einem Flachwasserbereich mit einigen Inseln und vereiste daher erst sehr viel später, vor 14 Millionen Jahren. Auch heute noch ist die Westantarktis sehr flach im Gegensatz zu den Hochebenen des Ostens.

Wo war das „fehlende Eis“?

Doch diese Theorie hat ein Problem: Denn die für den Klimaumschwung benötigte Eisbedeckung – deren Ausmaß auch anhand von Daten zu vergangenen Meeresspiegelständen ermittelt werden kann – ist größer als die damalige Hochfläche der Ostantarktis. Wo also lag das „fehlende“ Eis? Am Nordpol kann es nicht gelegen haben, denn hier zeigen Daten, dass eine Vereisung erst vor rund drei Millionen Jahren begann.

Forscher Bruce Luyendyk in der Antarktis © Kuno Lechner

Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in Santa Barbara haben jetzt eine Lösung für das Dilemma gefunden. „Mit Hilfe von Daten früherer geologischer Studien haben wir ein Modell der Topographie des westantarktischen Untergrundgesteins erstellt“, erklärt Douglas S. Wilson, Geophysiker an der Universität von Kalifornien und Hauptautor der Studie. „Sie zeigt den Zustand vor 34 Millionen Jahren, zu Beginn des globalen Klima-Umschwungs von einer warmen ‚Treibhaus-Erde‘ zur heutigen kühlen ‚Eiszeit-Erde‘.“

Westantarktis viel höher und größer als angenommen

Das Modell zeigt, dass die bisherigen Annahmen über die Westantarktis nicht stimmen: Denn tatsächlich war dort die über dem Meeresspiegel hinausragende Landfläche damals rund 25 Prozent größer als bisher angenommen. Das Untergrundgestein bedeckte nicht nur einen größeren Bereich, es ragte auch deutlich höher auf als heute. Damit hätte es vor 34 Millionen Jahren sehr wohl als Ort der fehlenden Vereisung zur Verfügung gestanden.

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„Vorläufige Klimamodelle von Forschern der Pennsylvania State Universität bestätigen, dass unser neues Modell der höheren Erhebung der Westantarktis tatsächlich das fehlende Eis beherbergt haben könnte“, erklärt Bruce Luyendyk von der Universität von Kalifornien. „Unsere Ergebnisse haben daher ein neues Paradigma für die Entwicklungsgeschichte der großen globalen Eisschilde eröffnet. Das Eis wuchs damals sowohl in der Ost- als auch in der Westantarktis.“

(University of California – Santa Barbara, 27.08.2009 – NPO)

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