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Physik

Metamaterial lässt Licht tanzen

Nano-Goldspiralen wirken als elektronmagnetische Polarisatoren über einen breiten Frequenzbereich

Bild des Metamaterials unterm Rasterelektronenmikroskop, kombiniert mit einer Computergrafik. Die rot-weiße Spirale symbolisiert das zirkular polarisierte Licht. © KIT

Eine Art winziger Federkernmatratze aus nanometergroßen Goldspiralen sorgt für so großes Aufsehen, dass ihre Entdecker damit sogar als Highlight der Fachzeitschrift „Science“ gefeiert werden. Das besondere an diesem neuen Metamaterial: Es polarisiert die elektrische und die magnetische Komponente des Lichts in einem besonders breiten Frequenzbereich und eröffnet damit neue Anwendungen.

Metamaterialien besitzen Eigenschaften, wie man sie in der Natur nicht findet. So lassen sich mit ihnen elektromagnetische Wellen, also auch Licht, auf neue Weise manipulieren. Sie bestehen aus gleichartigen, regelmäßig angeordneten Elementen, die, obwohl deutlich größer als Atome in einem Kristall, wie diese mit elektromagnetischen Wellen wechselwirken. Mit nanotechnologischen Methoden produzierte Metamaterialien bestehen aus so kleinen Einheiten, dass sie elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen vom Sichtbaren bis hin zum Infrarot-Licht beeinflussen können.

Diese Eigenschaften beflügeln die Phantasie – und den Forscherdrang – von Wissenschaftlern schon seit einigen Jahren. Perfekte Linsen ohne Abbildungsfehler, ja sogar optische Tarnmäntel à la Harry Potter sind damit zumindest theoretisch möglich. Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beschreiben jetzt erstmals dreidimensionale Metamaterialien, die tatsächlich in spektroskopischen Messgeräten Anwendung finden könnten.

In der Arbeit, die die angesehene Fachzeitschrift Science bereits vor dem Abdruck als „Highlight“ auf ihrer Website veröffentlicht hat, kombiniert das Team um Professor Martin Wegener vom Centrum für Funktionelle Nanostrukturen und Professor Volker Saile vom Institut für Mikrostrukturtechnik

unterschiedliche Technologien.

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Matratze aus Goldspiralen im Nanomaßstab

Für die Herstellung der neuartigen Elemente wird zunächst mit einem Laser in einem Fotolack die Struktur gleichsam „geschrieben“ und danach aufgelöst. In einem zweiten Schritt scheiden die Forscher in den dabei entstandenen Hohlräumen Gold galvanisch ab, bis sie gefüllt sind. Schließlich ätzen sie die Polymer-Urform weg. Zurück bleibt eine Struktur, die an eine Federkernmatratze erinnert: Sie besteht aus vielen regelmäßig angeordneten, winzigen Goldspiralen mit einem Durchmesser von nur wenigen hundert Nanometern.

„Die Spiralen bringen Licht, das durch das Metamaterial strahlt, gleichsam das geordnete Walzertanzen bei“, umschreibt Wegener die Funktionsweise. Aufgrund ihres Aufbaus lassen die dreidimensionalen Metamaterialien nur einen der beiden Drehsinne einer elektromagnetischen Welle passieren. Sie wirken so als Filter für zirkular polarisiertes Licht.

Prinzip der galvanischen Goldabscheidung: Im Elektrolyt gelöste Gold-Komplexe diffundieren in die Hohlräume der Struktur, wo sie an der Kathode zersetzt werden. Die dabei entstehenden Goldionen werden abgeschieden und füllen schließlich die Hohlräume vollständig aus. © KIT

Breiteres Frequenzspektrum als bisherige Metamaterialien

Diese Eigenschaft beruht darauf, dass Metamaterialien nicht nur die elektrische, sondern auch die magnetische Komponente einer elektromagnetischen Welle direkt beeinflussen. „Solche Strukturen können dies je nach Größe der Spiralen für ganz unterschiedliche Wellenlängen und über eine vergleichsweise große Bandbreite von Wellenlängen“, erläutert Justyna Gansel aus der Arbeitsgruppe Wegener. Ihre Ergebnisse räumen den bisher beobachteten Nachteil von Metamaterialien

aus, dass ihre speziellen Eigenschaften nur auf ein enges Frequenzspektrum beschränkt sind.

Die neuartigen kompakten und breitbandigen zirkularen Polarisatoren könnten für zahlreiche Anwendungen in der optischen Spektroskopie von großem Interesse sein. Sie ließen sich zum Beispiel in handliche Geräte einbauen, die Gemische von Substanzen analysieren, welche selbst als Polarisatoren wirken. „Die rechtsdrehenden Milchsäuren aus dem Joghurt könnten so in Zukunft mit Hilfe von Metamaterialien bestimmt werden“, spekuliert Gansel.

(Karlsruher Institut für Technologie, 26.08.2009 – NPO)

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