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Energie

Deutschlands größtes Solarturmkraftwerk geht ans Netz

Forschungsanlage gilt als Prototyp für den Sonnenstrom aus der Wüste

An der Spitze des 60 Meter hohen Turms ist der Strahlungsempfänger installiert. Dieser so genannte Receiver besteht aus porösen keramischen Elementen, die von angesaugter Umgebungsluft durchströmt werden. Die Luft heizt sich dabei auf etwa 700 Grad Celsius auf und gibt die Wärme anschließend in einem Abhitzekessel an den Wasser-Dampfkreislauf ab. Der dort erzeugte Dampf treibt eine Turbine an, die über einen Generator Strom produziert. © DLR

Das größte Solarturmkraftwerk Deutschlands ist seit gestern in Jülich im regulären Betrieb. In der Analge lenken 2.500 einzelne Spiegel die Sonnenstrahlung auf die Spitze eines 50 Meter hohen Turms, wo die konzentrierte Energie zur Stromproduktion genutzt wird. Das solarthermische Kraftwerk dient neben der Stromerzeugung vor allem auch der Forschung, da es ein Prototyp für weitere Anlagen in der Wüste Nordafrikas ist.

Eine Alternative zu fossilen Energieträgern ist für die Zukunft nötig, denn ihre Reserven reichen nicht mehr lange. Sonnenenergie ist im Gegensatz zu den fossilen Brennstoffen nahezu unbegrenzt verfügbar, sie ist kostenlos und verursacht keine Treibhausgase. Deutschland ist zwar nur bedingt durch Sonnenreichtum gesegnet, in der Technologie der Solaranlagen liegt es jedoch weit vorn. Am Donnerstag, 20. August 2009, ist nun das solarthermische Versuchs- und Demonstrationskraftwerk Jülich (STJ) im Beisein von Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft offziell an den Betreiber, die Stadtwerke Jülich, übergeben worden.

Solarthermische Kraftwerke sind zwar in erster Linie für den Einsatz in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung geeignet, wie zum Beispiel im Mittelmeerraum, doch das immerhin 1,5 Megawatt liefernde Kraftwerk soll vor allem auch als Prototyp und Forschungsanlage den Weg zu noch größeren solaranlagen in Nordafrika und dem Mittelmeereraum ebnen.

Spiegel konzentrieren Sonnenkraft

Auf einer Grundfläche von zirka acht Hektar sind 2.153 bewegliche Spiegel (Heliostate) mit einer Gesamtfläche von knapp 18.000 Quadratmetern aufgestellt. Diese folgen dem Lauf der Sonne und konzentrieren die Solarstrahlung auf einen rund 22 Quadratmeter großen Receiver, der an der Spitze eines 60 Meter hohen Turms installiert ist. Der Receiver besteht aus porösen keramischen Elementen, die von angesaugter Umgebungsluft durchströmt werden. Die Luft heizt sich dabei auf etwa 700 Grad Celsius auf und gibt die Wärme anschließend in einem Abhitzekessel an den Wasser-Dampfkreislauf ab. Der dort erzeugte Dampf treibt eine Turbine an, die über einen Generator Strom

produziert.

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Das Kraftwerk wird im Nennbetrieb 1,5 Megawatt liefern. In die Anlage integriert ist ein Wärmespeicher, der sich über zwei Stockwerke des Turmes ausdehnt. In diesem Wärmespeicher befinden sich keramische Füllkörper, die von Heißluft durchströmt und dadurch erhitzt werden können. Beim Entladen verläuft der Prozess umgekehrt, der Wärmespeicher gibt seine Energie wieder ab, so dass auch während Wolkendurchzügen Strom produziert werden kann.

Blick vom Turm auf das Heliostatenfeld: Auf einer Grundfläche von zirka acht Hektar sind 2.150 bewegliche Spiegel (Heliostate) mit einer Gesamtfläche von knapp 1.8000 Quadratmetern aufgestellt. Diese folgen dem Lauf der Sonne, und konzentrieren die Solarstrahlung auf einen rund 22 Quadratmeter großen Receiver, der an der Spitze eines 60 Meter hohen Turms installiert ist. © DLR

Prototyp für Solarkraftwerke in Nordafrika

Mit dem Solarkraftwerk Jülich kann erstmals die in Deutschland entwickelte Technologie des Solarturmkraftwerks als Gesamtsystem demonstriert werden. „Die neue Anlage eröffnet die einmalige Chance, durch Erfahrungen in der Praxis die Technologie zur endgültigen Marktreife weiterzuentwickeln und die international führende Rolle des DLR in der Entwicklung solarthermischer

Kraftwerkstechnologien weiter zu festigen“, sagte Professor Hans Müller-Steinhagen, Leiter der DLR-Instituts für Technische Thermodynamik zur feierlichen Übergabe. „Natürlich scheint in Jülich die Sonne nicht so oft wie in Nordafrika, aber bei einem Versuchskraftwerk, in dem die Technologie weiterentwickelt werden soll, ist die gute Anbindung an die Forschungsinstitute wichtiger als der Dauerbetrieb.“

Das solarthermische Kraftwerk in Jülich dient damit als Referenz für zukünftige kommerzielle Kraftwerke in Südeuropa und Nordafrikas, die auch beim Wüstenstromprojekt DESERTEC eine tragende Rolle spielen. Die Technologie und das Know-how, das die Forscher in Jülich gewinnen, kommt in den sonnenreichen Regionen der Erde, in denen die solarthermischen Kraftwerke ihr größtes Potenzial haben, zum Einsatz.

Turmstockwerk für Experimente geplant

Im Turm des Solarkraftwerkes wird das DLR mit seinen Partnern in einem Stockwerk auf etwa halber Turmhöhe eine Forschungsplattform einrichten. Hinter einer drei mal sieben Meter großen Öffnung, auf die sich die Heliostate des Kraftwerks ausrichten lassen, können die Forscher Experimente aufbauen. Geplant sind hier unter anderem Tests für neue Receiver und Experimente zur thermochemischen Herstellung von Wasserstoff durch Sonnenenergie.

Begleitet wird das Projekt von einem mehrjährigen Forschungsprogramm, in dem neben der wissenschaftlichen Unterstützung des Kraftwerkbetriebs vor allem auch Methoden zur Betriebsoptimierung, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Technologie erarbeitet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Anlagen weiter zu verbessern. So wird beispielsweise ein volldynamisches Computermodell der Anlage entwickelt, das später eine modellgestützte Echtzeit-Betriebsoptimierung ermöglichen soll.

Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWME NRW) und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (STMWIVT).

(DLR, BMU, 21.08.2009 – NPO)

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