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Geowissen

Treibhausgas rettete junge Erde vor Schneeball-Zustand

Verbindung aus vulkanischem Gas glich mangelnde Sonnenwärme aus

Knapp vor dem "Schneeball"-Schicksal gerettet? © SXC

Ein potentes Treibhausgas könnte unseren Planeten in seiner Frühzeit vor der Verwandlung in einen „Schneeball Erde“ bewahrt haben. Das haben Forscher mithilfe von Isotopensignaturen in altem Gestein und Computermodellen herausgefunden. Die Sonne schien damals noch so schwach, dass sie allein die frühen Ozeane nicht hätte flüssig halten können. Der Treibhauseffekt des Carbonylsulfids jedoch konnte die fehlende Wärme ausgleichen, wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten.

In den Anfängen unseres Sonnensystems strahlte die Sonne sehr viel schwächer als heute. So schwach, dass ihre Kraft eigentlich nicht ausreichte, um die Ozeane auf der noch jungen Erde flüssig zu halten. Trotzdem gab es damals flüssiges Wasser – unter anderem deshalb konnte überhaupt Leben auf unserem Planeten entstehen. Warum aber gefroren die Meere nicht? Seit Jahren debattieren Wissenschaftler darüber, woher die zusätzliche Wärme gekommen sein könnte.

Rettung vor dem „Schneeball Erde“

Jetzt hat ein Team von Forschern der Universität von Tokio und der Universität von Kopenhagen eine Erklärung für dieses Rätsel gesucht und gefunden – konserviert in uraltem Gestein. Ihre Ausgangshypothese: Wenn es nicht die Kraft der Sonne allein war, dann waren vielleicht spezielle atmosphärische Prozesse auf der jungen Erde im Spiel. „Die junge Sonne war rund 30 Prozent schwächer als heute“, erklärt Matthew S. Johnson, Professor für Chemie an der Universität von Kopenhagen. „Der einzige Weg um zu verhindern, dass sich die Erde in einen gewaltigen Schneeball verwandelte, war eine gute Dosis Treibhausgase.“

Seltsames Isotopensignal

Um herauszufinden, was die Erde erwärmt haben könnte, untersuchten Johnson und seine Kollegen das Verhältnis von Schwefelisotopen in Gesteinen, die aus der Frühzeit der Erde stammen. Und was sie dort sahen, war extrem seltsam: Die Mischung von Isotopen in den Formationen war so ungewöhnlich, dass sie nicht allein durch die bekannten geologischen Prozesse erzeugt worden sein konnte.

Treibhauseffekt als Wärmeausgleich?

„Es gibt keinen Prozess im festen Mantel der Erde, der diese Verteilung erklären kann”, so Johnson. „Es muss etwas in der Atmosphäre vorgefallen sein.” Aber was? Um das herauszufinden, verglichen die Forscher die spektrale Signatur der Isotopen mit der von verschiedenen atmosphärischen Gasen. Und tatsächlich stießen sie auf ein passendes Muster. Beim Carbonylsulfid (COS) , einer Verbindung aus Sauerstoff, Kohlenstoff und Schwefel.

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„Carbonylsulfid ist das perfekte Treibhausgas – viel besser als Kohlendioxid”, erklärt Johnson. Beide Gase lassen die Sonnenstrahlung von außen durch, halten aber die Wärmeabstrahlung von der Erde ins All zurück und bremsen so die Abkühlung der Atmosphäre. „Wir schätzen, dass eine Schicht von Carbonylsulfid der Planetenoberfläche rund 30 Prozent mehr Energie geliefert haben könnte. Das wäre genug, um die fehlende Wärme von der Sonne auszugleichen.“

Vulkanisches Gas als atmophärische Wärmedecke

Das Gas kommt noch heute in vulkanischen Gasen und in Erdgas vor und könnte in der Frühzeit der Erde durch den aktiven Vulkanismus in die Atmosphäre gelangt sein. „Eine Abschirmung durch Carbonylsulfid ist ein ziemlich offensichtlicher Kandidat, wenn man einmal darauf kommt. Aber bis wir nachgeschaut haben, hat es jeder übersehen“, so der Forscher. Er vergleicht die vorzeitliche Treibhausatmosphäre mit der heutigen Ozonschicht. Doch im Gegensatz zum Ozon schützte das Carbonylsulfid nicht vor UV-Strahlung, sondern hielt die Wärme wie eine isolierende Decke in der Atmosphäre fest.

Leben war schuld an erster Eiszeit

„Das einzige Problem ist: Es bleib nicht warm“, erklärt Johnson. Als die ersten Lebensformen entstanden, gaben sie immer mehr Sauerstoff an die Atmosphäre ab. Dadurch dessen oxidierende Wirkung aber wurde der von den Vulkanen abgegebene Schwefel nicht länger in Carbonylsulfid, sondern in verschiedene Sulfataerosole umgewandelt – die eher als atmosphärisches Kühlmittel wirkten.

Mithilfe eines Computermodells und Laborexperimenten rekonstruierten Johnson und seine Kollegen die Entwicklung der Uratmosphäre und stellten eine erstaunliche Übereinstimmung fest: Der Abbau des Carbonylsulfids zugunsten von Sulfatverbindungen ereignete sich parallel zur Phase, in der die Erde eine erdumspannende Eiszeit erlebte, die so genannte Schneeball-Phase vor rund 2,5 Milliarden Jahren.

„Unsere Forschungen deuten darauf hin, dass die Verteilung und Zusammensetzung der atmosphärischen Gase den Planeten von einem Zustand der lebenserhaltenden Wärme in eine Millionen Jahre dauernde Eiszeit stürzte“, so Johnson. „Ich kann mir keinen besseren Grund vorstellen, um heute extrem vorsichtig mit den Mengen an Treibhausgasen umzugehen, die wir in die Atmosphäre emittieren.“

(University of Copenhagen, 20.08.2009 – NPO)

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