Ein Mannheimer Forscher ist auf dem Weg zur Zellersatztherapie bei degenerativen Erkrankungen einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Der Wissenschaftler hat einen Mechanismus entschlüsselt, durch den bestimmte Stammzellen mit großem Erfolg hergestellt werden können.
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Erst seit kurzem gelingt es überhaupt, Hautzellen durch das Einschleusen von Genen und eine daraus resultierende verstärkte Expression von Transkriptionsfaktoren in pluripotente Zellen zu verwandeln. Diese so genannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) haben ebenso wie embryonale Stammzellen die Fähigkeit, sich in jegliches Gewebe entwickeln zu können. Wissenschaftler erhoffen sich von den iPS-Zellen, dass diese die embryonalen Stammzellen in der medizinischen Forschung ersetzen können.
Alternative Verfahren zur Stammzellproduktion
Das Hauptinteresse der Forschung an menschlichen Stammzellen gilt möglichen Zellersatztherapien. Die Basis dafür sind pluripotente Zellen, die in spezialisierte Zellen differenziert und vermehrt werden können. Forschung auf diesem Gebiet musste sich in der Vergangenheit auf embryonale Stammzellen stützen, da nur diesen die natürliche Fähigkeit gegeben ist, sich in jeden möglichen Zelltypen und damit in jedes Gewebe differenzieren zu können.
Da embryonale Stammzellen aus Embryonen gewonnen werden müssen, ist die Verwendung embryonaler Stammzellen in der Forschung Gegenstand der ethischen Diskussion und in Deutschland mit dem Stammzellgesetz strikt reglementiert. Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten daher mit Hochdruck daran, alternative Verfahren zur Herstellung von pluripotenten Stammzellen zu entwickeln, um künftig auf embryonale Stammzellen in der Forschung verzichten zu können.
Ethisch unbedenklich
Da iPS-Zellen ohne Zerstörung eines Embryos erzeugt werden, gelten sie als ethisch unbedenklich. Darüber hinaus besitzen iPS-Zellen einen weiteren entscheidenden Vorteil: Da sie aus Körperzellen des Patienten gewonnen werden können, haben die Zellen alle das Erbgut des Patienten und werden bei einer Therapie mit Gewebe, das aus diesen Zellen gezüchtet wurde, vom Körper des Patienten nicht abgestoßen. Die Möglichkeit, Patienten-spezifisch pluripotente Zellen zu generieren hat daher ein enormes therapeutisches Potenzial.
Die Herstellung von iPS-Zellen ist zwar in der Vergangenheit gelungen, jedoch nur mit einer sehr geringen Ausbeute. Nur etwa eine von 10.000 Zellen ließ sich in eine iPS-Zelle verwandeln.
Gene gezielt ausgeschaltet
Dr. Jochen Utikal vom Exzellenzzentrum Dermatologie Mannheim ist es nun gelungen, einen Mechanismus zu entschlüsseln, durch den sich die Rate der hergestellten iPS-Zellen wesentlich steigern lässt. Um die Zelle zur Pluripotenz zu bringen müssen mehrere Gene gezielt ausgeschaltet werden, so der Forscher in der Online-Ausgabe von „Nature“.
Im nächsten Schritt wird Utikal die Möglichkeiten der therapeutischen Anwendung von iPS-Zellen erforschen. Und da der von ihm identifizierte Mechanismus auch bei der Entstehung von Tumoren eine wesentliche Rolle spielen kann, wird auch die Tumorforschung Gegenstand seiner Arbeit sein.
(idw – Universitätsmedizin Mannheim, 10.08.2009 – DLO)