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Biologie

Orchidee: Alarmduft als Hornissen-Lockstoff

Pflanze produziert Alarmpheromon von Honigbienen um Bestäuber anzulocken

Dendrobium sinense mit Bestäuber Vespa bicolor © Universität Ulm

Eine chinesische Orchideenart produziert einen Duftstoff, der dem Alarmsignal von Honigbienen entspricht. Damit lockt sie Hornissen an, deren Beute Bienen normalerweise sind, und kann so durch die Hornissen bestäubt werden. Diese neue und ungewöhnliche Pflanzenstrategie haben Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Current Biology“ vorgestellt.

Ein Drittel aller Orchideenarten sind Täuschblumen, was bedeutet, dass sie ihren Bestäuber nicht mit Nektar oder Pollen belohnen. Zur Bestäuberanlockung haben diese Orchideen zahlreiche höchst raffinierte Tricks auf Lager. Die meisten Täuschblumen imitieren zur Bestäuberanlockung entweder Futter belohnende Blütenpflanzen oder Paarungspartner ihrer Bestäuber. Professor Manfred Ayasse und Jennifer Brodmann von der Universität Ulm haben nun ein weiteres Beispiel von Täuschung bei der nur auf der südchinesischen Insel Hainan vorkommenden Orchideenart Dendrobium sinense vor. Diese Orchideenart lockt ihre Bestäuber, Hornissen der Art Vespa bicolor an, indem sie Verbindungen nachahmt, welche bei Honigbienen eine Bedeutung als Alarmpheromon haben.

Jagdverhalten statt Landeanflug

Dem Forscherteam war aus früheren Untersuchungen ihrer Kooperationspartner aus China bekannt, dass die Hornisse Vespa bicolor der häufigste Besucher der Orchideenblüte ist. Beobachtungen zeigten außerdem, dass die Hornissen nicht auf den Blüten landen, sondern nur kurz aber heftig mit dem Kopf gegen das rote Zentrum der Blüte stoßen, so als ob sie eine Beute jagen würden. Hornissen ernähren ihre Brut, wie alle anderen Wespenarten mit Fleisch. Dazu fangen sie andere Insekten, darunter auch Honigbienen entweder direkt am Eingang von Honigbienenstöcken oder auf Blüten ab.

Pflanze gibt Bienen-Alarmpheromon ab

Mit Hilfe der Elektro-Anennogrammtechnik kombiniert mit chemischen Analysen konnte das Forscherteam zeigen, dass die Blüten mehrere Substanzen, darunter Z-11-Eicosenol, produzieren. Diese Verbindung kommt auch im Alarmpheromon von Honigbienen vor. Es ist bekannt, dass der Bienenwolf, eine parasitische Wespenart, das Z-11-Eicosenol benutzt, um ihre Beute, Honigbienen anhand ihres Alarmdufts aufzuspüren. Ansonsten ist diese Verbindung in der Natur eher selten. Bei Pflanzen wurde sie bislang noch nicht beschrieben.

Imitation von Beute-Duft als Lockstoff

In Verhaltensexperimenten zeigte Brodmann nun, dass die Hornissen von dem Duft dieser Verbindungen genauso angelockt werden wie vom Duft der Orchideen selbst. Mit dieser Arbeit konnten die Forscher aus Ulm die Ergebnisse aus früheren Untersuchungen untermauern, nach denen von Wespen bestäubte Orchideen häufig Duftsignale, die im Zusammenhang mit der Beute stehen, nachahmen. Dazu gehören auch die in Deutschland vorkommenden Ständelwurzarten, die von Wespen bestäubt werden. Der bei chinesischen Orchidee D. sinense gefundene Mechanismus zur Bestäuberanlockung ist jedoch neu und stellt ein weiteres faszinierendes Beispiel der Bestäubungsbiologie von Orchideen dar.

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Ansatz zur biologischen Bekämpfung

Hornissen stellen in China und auch im asiatischen Raum oft ein Problem dar. Wirtschaftlich davon betroffen ist vor allem die Imkerei, da die Bienenvölker regelmäßig von Hornissen ausgeräubert werden. Allerdings werden auch häufig Menschen von den Hornissen angegriffen und gestochen. Der Einsatz von Duftködern, die die Hornissen vom Menschen und der Imkerei fernhalten, könnte helfen das Hornissenproblem zu bewältigen. Mehr Informationen über Hornissen anlockende Substanzen sind daher für eine biologische Hornissenkontrolle dringend erforderlich.

(Universität Ulm, 07.08.2009 – NPO)

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