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Genetik

DNA aus Wüstenerde

Neuartiger Naturstoff entpuppt sich als hochwirksames Antioxidans

DNA aus dem Wüstenboden © SXC

In „Dreckproben“ aus Wüstenerde haben Forscher DNA entdeckt, die ein hochwirksames Antioxidans kodiert. Nach Einschleusen dieser DNA in Bakterien produzierten diese einen bisher unbekannten Naturstoff, Erdacin getauft, der ein doppelt so starker Radikalfänger wie Vitamin C ist. Die neue Methode der direkten DNA-Extraktion könnte helfen, noch weitere wertvolle Pharmawirkstoffe zu isolieren, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.

Mikroorganismen verdanken wir eine Vielzahl unserer modernen Arzneimittel, allen voran vielfältige Antibiotika. In jedem beliebigen Lebensraum leben Unmengen bisher unbekannter Mikroben. Ein Verfahren zur Suche nach neuen Wirkstoffen ist es daher, solche Mikroorganismen im Labor zu kultivieren und Extrakte ihrer Kulturen auf biologische Aktivität hin zu untersuchen. Die Mehrheit dieser Mikroorganismen lassen sich unter gängigen Laborbedingungen aber nicht kultivieren.

Wie sich inzwischen zeigte, ist dies auch gar nicht unbedingt erforderlich, um an die von ihnen produzierten Naturstoffe heranzukommen: Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, mit der sie sie DNA direkt aus Umweltproben, etwa einer Handvoll Erde, extrahieren können. Anschließend kann die Sequenz beispielsweise in Form von „Umwelt-DNA-Bibliotheken“ gespeichert werden und als Quelle für neue Pharmarohstoffe dienen.

Polyketid aus Wüstenerde

Eine spezielle Herausforderung ist es, vollständige Gruppen von zusammengehörigen Genen, so genannte Gen-Cluster, aus solchen Bibliotheken zu gewinnen und auf ihre Funktion zu testen. Geschieht durch Einbau in Mikroorganismen. Ein Forscherteam um Sean F. Brady von der Rockefeller University in New York konnte nun aus einer Bibliothek mit DNA, die aus Wüstenerde extrahiert worden war, Gene isolieren, die die Enzyme eines speziellen Biosyntheseweges (Typ II Polyketid-Synthase-Weg) kodieren.

Die Forscher schleusten die Gene aus der Wüstenerde in den Pilz Streptomyces albus ein, der daraufhin ein neuartiges Polyketid produzierte. Polyketide sind eine Gruppe von Naturstoffen, deren Gemeinsamkeit ihre Biosynthese aus bestimmten Vorstufen ist. In ihrer chemischen Struktur und ihren biologischen Eigenschaften unterscheiden sie sich dagegen stark. Unter den Polyketiden finden sich viele wichtige Arzneimittel, beispielsweise Tetracycline und das Antibiotikum Erythromycin.

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Antioxidans doppelt so wirksam wie Vitamin C

Das neue Polyketid, das durch den Wüstenerde-Gencluster produziert wurde, nannten die Forscher Erdacin, abgeleitet von dem altenglischen Wort „erda“ für Erde. Durch NMR-Spektrometrie und Röntgenstrukturanalyse charakterisierten sie die Struktur: Ein pentacyclisches Ringsystem aus vier Sechsringen und einem Fünfring, die auf eine Weise verknüpft sind, die so bisher noch nicht bekannt war. Erdacin ist ein hochwirksames Antioxidans, das doppelt so aktiv wie bekannte Antioxidatien ist, etwa Vitamin C.

(Angewandte Chemie, 03.08.2009 – NPO)

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