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Medizin

Kalzium als Treib-Stoff für das Herz

Herzmuskelwachstum über Kalzium-Rezeptoren beeinflusst

Kalzium regelt den Herzschlag und treibt das Herz zum Wachsen an. Doch woher weiß das Herz, wann es schneller schlagen und wann es wachsen soll? Eine Antwort auf diese Frage hat eine deutsch-britsche Forschergruppe nun in Rezeptoren der Zellkernwand der Herzmuskelzellen gefunden. Sie beeinflussen die Genaktivität und damit das Wachstum des Herzmuskels.

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Das Herz: Rund 70-mal pro Minute schlägt es bei einem gesunden Erwachsenen in Ruhe. Unter Belastung kann sich dieser Wert mehr als verdoppeln. Drei bis fünf Liter Blut pumpt es im Normalzustand pro Minute in den Kreislauf; bei trainierten Sportlern können es allerdings auch bis zu 30 Liter pro Minute sein. Nach einem Infarkt oder, wenn sein Träger an Bluthochdruck leidet, wächst es und versucht so, einen Sauerstoffmangel auszugleichen – Mediziner sprechen in diesem Fall von Hypertrophie. Und an all diesen Prozessen ist immer eine Substanz in tragender Funktion beteiligt: Kalzium.

Woher weiß das Herz, dass ihm das Kalzium in dem einen Fall mitteilen will, dass es wachsen soll, in dem anderen aber sagt: „Schlag gefälligst etwas schneller“? Antworten auf diese Frage haben Wissenschaftler schon seit Langem gesucht. Forschern aus Cambridge und Oxford ist es jetzt unter Mitarbeit des Mediziners Oliver Ritter von der Universität Würzburg gelungen, in zwei kürzlich veröffentlichten Arbeiten die Regulation und die Rolle von Kalzium im Herzen weiter zu klären. Ritter

leitet eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Signalgebung bei Herzschwäche beschäftigt.

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Schlüsselrolle für Rezeptor an der Zellkernwand

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass ein bestimmter Rezeptor – der InsP3-Rezeptor – eine wichtige Funktion für die unterschiedliche Wirkung des Kalziums inne hat. Er sitzt an der Wand der Zellkerne der Herzmuskelzellen. Wird er durch Wachstumssignale aktiviert, sorgt er dafür, dass im Inneren des Zellkerns die Kalziumkonzentration steigt.

Das wiederum hat über weitere Schritte zur Folge, dass bestimmte Gene aktiv werden, die das Herzwachstum steuern. Steigt die Belastung des Herzens dauerhaft an, nimmt die Zahl dieser Rezeptoren zu. „Auf diese Weise kann die Kalziumabhängige Regulation der Genaktivität bei Hypertrophie von der Kalziumregulierten Muskelkontraktion abgekoppelt werden“, erklärt Ritter.

Rezeptoren auch im Sarkoplasmatischen Retikulum

In einer nachfolgenden Arbeit konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Rezeptorenmenge unter Belastung nicht nur an der Kernmembran zunimmt. Den gleichen Effekt fanden sie auch an der Membran des so genannten Sarkoplasmatischen Retikulums (SR) – einem Bestandteil fast aller Zellen des Körpers. In Muskelzellen speichert das SR Kalziumionen. Ein elektrischer Impuls bringt es dazu, diese Ionen auszuschütten, wodurch in der Folge die Muskelfasern sich zusammenziehen. Treffen keine weiteren elektrischen Impulse mehr an der Muskelfaser ein, werden die Kalziumionen in das SR zurückgepumpt. Das beendet die Kontraktion. Das sarkoplasmatische Retikulum steuert so die

Muskelkontraktion.

Ein Rezeptor beeinflusst den anderen

„Allerdings sind diese Rezeptoren in deutlich geringerer Anzahl in den Membranen des Sarkoplasmatischen Retikulums anzutreffen, als eine zweite Rezeptorart, die nach klassischem Verständnis für die Kalziumfreisetzung aus dem SR zuständig ist – den Ryanodinrezeptoren“, so Ritter. Den Forschern aus Cambridge, Oxford und Würzburg ist nun jedoch der Nachweis

gelungen, dass die InsP3-Rezeptoren bei Stress auch die Ryanodinrezeptoren beeinflussen.

Dies hat fatale Folgen: „Das Sarkoplasmatische Retikulum verliert permanent Kalzium. Dadurch schwächt sich die Muskelkontraktion ab, weil die Kalziumspeicher des Retikulums weniger gefüllt sind, gleichzeitig nimmt die Anfälligkeit des Herzens für gefährliche Rhythmusstörungen zu“, erklärt Ritter. Eine Gefahr, die auch von Menschen mit einer Herzmuskelhypertrophie bekannt ist. Diese neuen Befunde bieten nach Ansicht des Wissenschaftlers die Chance, neue Substanzen zu entwickeln, die einer Herzmuskelhypertrophie entgegen wirken oder Rhythmusstörungen verhindern.

(Universität Würzburg, 30.07.2009 – NPO)

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