Hannoveraner Wissenschaftlern ist es gelungen, eine neue Methode zu entwickeln, mit der man die Lebensweise von Herpesviren genauer untersuchen und die Funktionen der einzelnen Virusbestandteile aufklären kann. Sie stellen die Ergebnisse ihrer neuen Studie jetzt in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Methods“ vor.
Fast jeder hat schon einmal die unangenehme Bekanntschaft mit ihnen gemacht: Herpesviren. Sie sind meist relativ harmlos, sind wir jedoch einmal mit ihnen infiziert, begleiten sie uns ein Leben lang. In einem ungünstigen Moment, wenn unser Immunsystem geschwächt ist, bricht die Infektion erneut aus und kann bei einigen Menschen zu schwersten Erkrankungen führen – etwa bei Neugeborenen oder Transplantatsempfängern.
Virale Proteine im Visier
Will man nun wissen, für welche Funktion ein bestimmtes Gen der Herpesviren verantwortlich ist, schaltet man dieses Gen normalerweise aus und beobachtet den Effekt, den dies auf das Virus hat. Viele Funktionen der Herpesviren sind jedoch lebenswichtig.
„Wenn wir sie ausgeschaltet hätten, könnten sich die Viren nicht mehr vermehren und wir hätten deshalb nicht untersuchen können, welche Funktion dieses Virus-Gen im Lebenszyklus des Virus hat“, erläutert Professor Dr. Martin Messerle vom Institut für Virologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sein Team hat nun einen Weg gefunden, dieses Problem zu umgehen. „Anstatt an den viralen Genen selbst anzugreifen, regulieren wir das Genprodukt, also das virale Protein“, sagt der Forscher.
An- und Ausschalter für Proteine
Dafür koppelten die MHH-Virologen einen Bereich an das Protein, der es destabilisiert – „quasi eine Art An- und Ausschalter“, erklärt Messerle. Bindet dieser Bereich jedoch an eine bestimmte synthetische Substanz, wird damit das ganze virale Protein vor dem Abbau geschützt. Dank dieser „Schutzschild“-Substanz vermehrt sich das Virus normal.
„Wenn wir aber die schützende Substanz entfernen, wird das virale Protein von der Zelle abgebaut“, sagt Messerle, „und wir können dann genau beobachten, wie sich das Fehlen des Proteins auf die einzelnen Schritte der Virusvermehrung auswirkt, also welche spezielle Funktion das entsprechende Virus-Protein erfüllt.“
Neue Angriffspunkte für antivirale Medikamente?
Auf diese Weise ist es nun nicht nur möglich, die einzelnen Funktionen der Herpesvirus-Proteine aufzuklären, sondern die Forscher können nun auch anderen Viren in die Karten schauen. „Weiß man, was ein Virus genau mit einer Zelle macht, kann man daraus ableiten, was zu tun ist, um das Virus an der Vermehrung und an der Zerstörung der Zelle zu hindern“, betont Messerle.
Die Erkenntnisse, die sich mit der an der MHH entwickelten Methode gewinnen lassen, werden dazu beitragen, neue Angriffspunkte für die Entwicklung antiviraler Medikamente und Impfstoffe zu finden, so die Forscher in Nature Methods.
(idw – Medizinische Hochschule Hannover, 13.07.2009 – DLO)