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Mikrobiologie

Unreife HI-Viren in 3D

Strukturmodell zeigt gekrümmtes Gitter aus Proteinen

Kugelförmige Gitterstruktur, die Proteine um das Erbmaterial des HI-Virus bilden. © Universitätsklinikum Heidelberg

Protein für Protein zum infektiösen Aids-Virus: Ein internationales Wissenschaftlerteam hat jetzt erstmals mithilfe der hochauflösenden Kryo-Elektronentomographie ein dreidimensionales Computermodell unreifer HIV-Partikel im Nanometerbereich erstellt. Es zeigt die Gitterstruktur der Viren auf Proteinebene mit bisher nicht erreichter Auflösung und liefert eine Begründung, wie die Krümmung des kugeligen Proteingitters erreicht wird.

Ein genaues Verständnis dieses Reifungsprozesses könnte neue Ansätze für zukünftige Therapien gegen AIDS eröffnen, so die Forscher des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und des Universitätsklinikums Heidelberg online in der Fachzeitschrift “Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America” (PNAS).

Befällt der Aids-Erreger HIV das Immunsystem, so programmiert er diese auf Virusvermehrung um. Dazu schleusen sie ihr Erbgut mit allen notwendigen Informationen in die Zelle ein: Von nun an vervielfältigen die Zellen das Erbgut des AIDS-Erregers und produzieren Bausteine der Virushülle, wie das Eiweiß Gag. Die Gag-Proteine bilden um das Erbmaterial des Virus herum eine kugelförmige Gitterstruktur. Schließlich verlassen die neu gebildeten Viren mit Hilfe zelleigener Proteine die Zelle.

Kugelförmige Wabenstruktur mit Löchern

Wie dieses Gitter aus Gag-Proteinen aussieht und wie aus einer flachen Wabenstruktur eine Kugel gebildet wird, rekonstruierten die Teams um Dr. John Briggs, Forschungsgruppe Structural and Computational Biology am EMBL, und Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich vom Hygiene-Institut am Universitätsklinikum Heidelberg, aus hochauflösenden elektronenmikroskopischen Bildern.

Normalerweise ist eine sechseckige Wabenstruktur flach und weist keine Krümmung auf. Die Gag-Proteine lagern sich jedoch selbständig zu einer gekrümmten Wabenstruktur zusammen. Dadurch entsteht in dem Proteingitter Stress, der durch Löcher im Gitter ausgeglichen wird. Auf diese Weise entsteht eine kugelige Wabenstruktur mit unregelmäßig angeordneten Löchern.

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Strukturmodell wird weiter verfeinert

Dieser sehr einfache Vorgang spielt möglicherweise eine Rolle für die hohe Toleranz des Virus für genetische Veränderungen. Im weiteren Verlauf werden die Gag-Proteine enzymatisch gespalten, es entsteht das reife, infektiöse Virus mit intakter Schutzhülle.

Nun wollen die Heidelberger Wissenschaftler ihr Strukturmodell noch weiter verfeinern und weitere Details des Protein-Gitters aufdecken: „Je besser wir den Bildungs- und Reifungsprozess von HIV verstehen, desto eher können wir Schwachstellen ausfindig machen und als Angriffspunkte für gezielte Therapien nutzen“, sagt Kräusslich.

Momentaufnahmen auf Nanoebene

Momentaufnahmen der molekularen Vorgänge sind in dieser Form nur mit der Kryo-Elektronentomographie möglich: Durch das blitzartige Einfrieren auf minus 196 Grad Celsius bleibt die räumliche Struktur und Anordnung der Zell- bzw. Virusbestandteile erhalten. Die Untersuchungsobjekte bleiben unverfälscht – chemische Vorbehandlungen, Anfärben oder Schnitte sind nicht notwendig.

Im Elektronenmikroskop wird das Objekt aus verschiedenen Richtungen durchstrahlt; ein dreidimensionales Struktur-Modell mit einer Auflösung von wenigen Nanometern, also Millionstel Millimetern, entsteht.

(idw – Universitätsklinikum Heidelberg, 13.07.2009 – DLO)

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