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Physik

Forscher tricksen Nanoteilchen aus

Quantensprung in der Nanosensorik gelungen

Quadrupol-Lichtfeld © Universität Stuttgart

Physikern ist ein Quantensprung in der Nanosensorik gelungen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Materials“ berichten, wird eine Gruppe von Goldteilchen überraschenderweise immer dann durchsichtig, wenn man drei für sich genommen undurchsichtige Teilchen in einer trickreichen Anordnung nebeneinander legt und aufeinander stapelt. Auf der Basis der neuen Ergebnisse könnte man künftig möglicherweise molekulare Sensoren bauen, die in der Lage sind, winzige Flüssigkeitsmengen oder sogar einzelne Moleküle zu identifizieren.

Metalle reflektieren Licht, das kennt jeder, der in einen Spiegel schaut. Aber Metalle können Licht auch verschlucken. Dieser Effekt ist weniger bekannt und wird zum Beispiel benutzt, um farbige Kirchenfenster herzustellen. Die leuchtenden Farben stammen von winzig kleinen Gold- oder Silberteilchen in der Glasmasse, heute spricht man von Metall-Nanoteilchen.

Schon die alten Römer verstanden es, die Farben zu ändern, indem sie die Menge des zugesetzten Metalls und die Dauer des Schmelzens veränderten. Die Zusammensetzung und Größe der Teilchen kann deren optischen Eigenschaften also deutlich verändern, doch stets werden die Teilchen das Licht entweder verschlucken oder reflektieren. Mit dieser jahrhundertealten Erkenntnis haben jetzt die Forscher der Universitäten Stuttgart und Kaiserslautern in ihrer neuen Studie gebrochen.

Licht versetzt Elektronen in Schwingungen

Licht ist eine elektromagnetische Welle und kann die Elektronen im Metall ähnlich wie bei einer Schaukel, die angeschubst wird, in Schwingungen versetzen. Und wie die Schaukel aufgrund der Reibung nach einiger Zeit nicht mehr schwingt, geht die Energie des Lichts in das Metallnanoteilchen über und erzeugt durch den elektrischen Widerstand Wärme. Physiker sagen dazu, dass ein Partikel-Plasmon angeregt und dann gedämpft wird. Dieses Partikel-Plasmon ist eine kollektive Schwingung der Elektronen im Metall.

„Destruktive Interferenz“

Für ihre Untersuchungen koppelten die Wissenschaftler nun mehrere Schwingungen zusammen. Das ist so, als würde man mehrere Schaukeln mit Gummibändern zusammenbinden. Die Kunst ist dabei, die Schaukellängen und die verbindenden Gummibänder so auszuwählen, dass die Schaukeln genau entgegengesetzt schwingen. Man spricht dann von einer gegenphasigen Schwingung oder von „destruktiver Interferenz“. Dabei kann fast keine Energie an das schwingende System übertragen werden.

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Der Trick ist die Anordnung der Teilchen

Damit eine Gruppe von Nanoteilchen das Licht durchlassen kann, dachten sich die Forscher einen Trick aus und ordneten die Teilchen besonders geschickt: Hierzu positionierten sie zwei winzige Metallstangen mit einer Länge von nur 200 Nanometern (Millionstel Millimeter) nebeneinander und eine weitere quer darüber. Der Abstand zwischen den Teilchen beträgt dabei weniger als 100 Nanometer.

Diese hochfeinen Strukturen wurden mit modernster Nanotechnologie, so genannter Elektronenstrahl-Lithographie, von Na Liu aus dem Team von Professor Harald Giessen vom 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart hergestellt. Die Kaiserslauterer Theoretiker Jürgen Kästel und Michael Fleischhauer berechneten die Form und den Abstand der Strukturen und sagten deren ideale Anordnung vorher. Physikalisch gesprochen besteht der Effekt darin, eine so genannte breite Dipolresonanz in dem einzelnen Metalldraht an die schmale Quadrupolresonanz des Drahtpaares bei derselben Wellenlänge zu koppeln.

Scheint nun Licht auf eine solche Probe, tritt ein neues Phänomen auf: Bei einer ganz bestimmten Wellenlänge lässt die gesamte Struktur das Licht fast komplett durch. Diese Wellenlänge gehört zu einer bestimmten Farbe, und das Fenster im Lichtspektrum ist sehr schmal innerhalb einer breiten Absorption. Die Forscher vergleichen diesen Effekt mit einem klassischen Analogon der so genannten elektromagnetisch-induzierten Transparenz. Die Idee dazu stammt vom Atomphysiker Professor Tilman Pfau vom 1. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart, der ebenfalls Mitglied des Forscherteams ist.

Durchbruch auf dem Gebiet der plasmonischen Sensorik

Mit dieser Entdeckung erzielte das Forscherteam aus Stuttgart und Kaiserslautern einen Durchbruch auf dem Gebiet der plasmonischen Sensorik. Denn frühere Forschergruppen, die kleine Metallteilchen für die Nanosensorik eingesetzt haben, waren durch die strahlende Dämpfung limitiert. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass die schwingenden Elektronen in den Metallnanoteilchen nicht nur durch den elektrischen Widerstand gedämpft werden, sondern auch wie eine kleine Antenne elektromagnetische Strahlung aussenden, die ebenfalls zu einem Energieverlust führt.

Dies sorgt dafür, dass die lokalisierten Partikelplasmon-Resonanzen, die man bisher für die Sensorik kleinster Flüssigkeitsmengen oder sogar weniger Moleküle eingesetzt hat, relativ breit waren. Die Resonanzen verschieben sich leicht, wenn man ein Gas, eine Flüssigkeit, oder Moleküle in die direkte Umgebung der Nanoteilchen bringt. Bei breiten Resonanzen lässt sich die Verschiebung jedoch nicht so leicht detektieren.

Hoffnung auf neuartige molekulare Sensoren

Bei der von den Forschern entwickelten neuen Struktur entfällt der Energieverlust aufgrund der elektromagnetischen Strahlung, und das Team zeigt sogar einen Weg auf, um die noch vorhandene nichtstrahlende Dämpfung im Metall weiter zu senken. Aufgrund der schmalen Resonanz wird der so genannte LSPR (localized surface plasmon resonance)-Sensor deutlich empfindlicher sein.

Mithilfe dieser Technologie, so die Hoffnung der Wissenschaftler, kann man künftig ganz neuartige molekulare Sensoren bauen, die kleinste Flüssigkeitsmengen, vielleicht sogar einzelne Moleküle, aufspüren können. Auch die Speicherung von Lichtsignalen bei der optischen Datenübertragung durch „langsames Licht“ wäre ein möglicher Einsatzbereich.

Bald bessere Metamaterialien?

Und vielleicht könnte sogar das alte Problem der Verluste bei den Metamaterialien gelöst werden, die kürzlich für Furore auf den Gebieten des negativen Brechungsindex und der optischen Tarnkappen gesorgt haben. Ein Team aus den USA und Griechenland ist dabei, die neuen Strukturen aus Stuttgart für wesentlich bessere und verlustarme Metamaterialien einzusetzen.

(idw – Universität Stuttgart, 07.07.2009 – DLO)

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