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Ökologie

Saharastaub als Mikroben-Frühstück?

Forscher füttern rätselhaftes Düngerplankton im Atlantik mit ungewöhnlicher Nahrung

Satelliten Bild eines Sahara Sandsturms über den Kapverdischen Inseln. © NASA

Kieler Wissenschaftler haben auf den Kapverdischen Inseln im Atlantik Luft- und Wasserproben gesammelt, um einen Zusammenhang zwischen Staubstürmen aus der Sahara und der biologischen Produktivität des Ozeans aufzuspüren. Die ersten Ergebnisse waren verblüffend: Die Gewässer rund um Kap Verde enthalten große Mengen der erst kürzlich entdeckten Cyanobakterien UCYN-A, einer rätselhaften Düngeralge, deren Eigenschaften für Forscher noch unerklärlich sind.

Indem sie Saharastaub an die Alge verfüttern, testen die Kieler Biogeochemiker nun, ob das Vorkommen von UCYN-A durch den dort reichlich vorhandenen Saharastaub gefördert wird.

Nährstoffe fallen vom Himmel

Das Wasser des tropischen Atlantik rund um Kap Verde – 800 Kilometer vor der west-afrikanischen Küste – weist nur sehr geringe Mengen pflanzlicher Nährstoffe auf. Besonders Stickstoff ist ausnehmend knapp und limitiert das Wachstum des Phytoplanktons, den winzigen Pflanzen, die die Basis der Nahrungskette im Ozean bilden.

Die Nährstoffe fallen dabei in dieser Gegend vom Himmel: Passatwinde tragen Saharastaub mit sich, der reich an Eisen und Phosphor ist, und düngen so die Meeresoberfläche. Dies war einer der Gründe für das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) zusammen mit anderen deutschen und britischen Instituten ein Observatorium auf der kapverdischen Insel Sao Vicente zu errichten. Das Tenatso Observatorium unterstützt nun Langzeitmessungen von Staub und Treibhausgasen, eine ozeanographische Messverankerung und regelmäßige Probennahmen mit dem kleinen kapverdischen Forschungsboot Islandia.

Regt Saharastaub das Wachstum an?

„Wir überprüfen, ob Saharastaub das Wachstum einer bestimmten Mikrobenart, den Cyanobakterien, anregen kann. Diese Bakterien können die Oberflächenschicht des Ozeans düngen, indem sie den im Meerwasser vorhandenen gelösten gasförmigen Stickstoff fixieren“, sagt Professorin Julie LaRoche vom IFM-GEOMAR, Co-Leiterin der vor kurzem beendeten sechswöchigen Expedition. Es gibt reichlich gasförmigen Stickstoff in der Atmosphäre, aber er muss aufgenommen werden, damit er in einen Dünger umgewandelt werden kann und dadurch für Phytoplankton verwertbar ist.

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Rätselhafte Cyanobakterien

Die rätselhaften Cyanobakterien der Art UCYN-A scheinen ganz besondere Stickstofffixierer zu sein. Bis vor kurzem dachten Wissenschaftler, dass Cyanobakterien nur des Nachts Stickstoff fixieren können, da Sauerstoff, der während der Photosynthese freigesetzt wird, die Stickstofffixierung verhindert, indem er das verantwortliche Enzym vergiftet. Die Cyanobakterien UCYN-A scheinen aber nicht so zu funktionieren. Ihnen fehlen Gene des Photosystems II, die für die Freisetzung des Sauerstoffs benötigt werden, und sie können auch kein Kohlenstoffdioxid in Zucker umwandeln.

Demnach scheinen UCYN-A die Lichtenergie auf andere Weise zu nutzen und die Photosynthese, wie sie normalerweise von Landpflanzen und anderen Algen ausgeführt wird, zu umgehen. Obwohl diese Organismen bisher nicht im Labor isoliert werden konnten, wurde eine erste Beschreibung ihres Genoms im Jahr 2008 durch die Gruppe um Jonathan Zehr an der Universität von Kalifornien, Santa Cruz, veröffentlicht.

Schwierige Arbeitsbedingungen

Passatwinde und häufige Staubstürme machen die kapverdische Gegend für die Meeresforschung so wichtig, erschweren aber auch die Arbeit der Wissenschaftler. Staubproben werden mit Filtern auf dem Turm des atmosphärischen Observatoriums genommen. Um Wasserproben zu nehmen, muss man jedoch mit der Islandia mehrere Stunden zum Messpunkt des Meeresobservatoriums fahren. Er liegt 130 Kilometer vom Land entfernt und hat eine umliegende Wassertiefe von 3.600 Metern.

In Laboratorien, die im kapverdischen Nationalen Institut für Fischereientwicklung eingerichtet wurden, führen die Wissenschaftler die Staubexperimente durch. Nun sind die Forscher beladen mit zahlreichen Daten aus ihren Versuchen und zuversichtlich, dass ihre Experimente neue Entdeckungen liefern werden, nach Kiel zurückgekehrt.

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 23.06.2009 – DLO)

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