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Astronomie

NASA kehrt zum Mond zurück

Mission startet am 18. Juni 2009

NASA-Mondorbiter "Lunar Reconnaissance Orbiter" über der Mondoberfläche © NASA

Fast genau 40 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung von Apollo 11 mit Neil Armstrong heißt es für die NASA: „Back to the Moon“. Zwar werden dieses Mal keine Astronauten landen – dafür wird aber eine unbemannte Sonde, der Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO), mit sieben High-Tech-Instrumenten den Erdtrabanten in 50 Kilometern Höhe mindestens ein Jahr lang umkreisen.

Starten soll LRO voraussichtlich heute um 23.12 Uhr Mitteleuropäischer Zeit vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida an Bord einer Atlas V-Rakete. Der Transfer zum Mond wird etwa vier Tage dauern. Ziel der Mission ist es, mit bisher unerreichter Messgenauigkeit wichtige Details des Mondes zu erforschen, die zum einen für die Wissenschaft, aber auch für spätere bemannte Missionen von großer Bedeutung sein werden.

Künstlicher Einschlag soll Auskunft über Wasser-Eis geben

Zusammen mit dem Mondorbiter wird noch ein Einschlagkörper, der „Lunar CRater Observation and Sensing Satellite“ (LCROSS), die Reise zum Mond antreten. Der etwa eine Tonne schwere Einschlagskörper soll vier Monate nach dem Start von dem Mondorbiter abgetrennt werden, um dann im Sturzflug zuerst den Einschlag der Atlas-Centaur-Trägeroberstufe auf der Mondoberfläche mit Kameras und weiteren Messinstrumenten zu erfassen, bevor er selbst vier Minuten später auf dem Mond zerschellt.

Ziel dieses Manövers ist die Herbeiführung eines künstlichen Einschlags, bei dem Gesteinsmaterial aus der Oberfläche des Mondes geschleudert werden soll. Dabei wird eine fünf bis zehn Kilometer große Wolke aus den gesteinsbildenden Mondmineralen erwartet, die vielleicht auch Hinweise auf Wasser-Eis enthält, das spektroskopisch erfasst werden kann. Die „Staubwolke“ des Einschlags soll auch von der Erde aus mit Bodenteleskopen sichtbar sein und beobachtet werden.

Deutsche Wissenschaftler an Mondmission beteiligt

Quasi „mit an Bord“ des Mondorbiters sind zwei Wissenschaftler aus Deutschland und ihre Mitarbeiter. Beteiligt an der Mission ist zum Einen das Team von Professor Jürgen Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin beziehungsweise der Technischen Universität Berlin. Seine Forschungsgruppe stellt ihr Fachwissen auf dem Gebiet der geophysikalischen und geodätischen Interpretation in den Dienst der Mission, hauptsächlich für die Daten des Laser-Höhenmessers LOLA (Lunar

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Orbiter Laser Altimeter).

Auch Wissenschaftler aus Münster erwarten gespannt die ersten Ergebnisse der Mondmission, insbesondere Professor Harald Hiesinger vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er und seine Kollegen bringen ihre Expertise auf dem Gebiet der geologischen Bilddatenauswertung und Altersbestimmung in das NASA-Team ein, und zwar für die Aufnahmen der Mondkamera LROC (Lunar Reconnaissance Orbiter Camera).

Der Mond im Blickpunkt der Planetenforschung © NASA/DLR/RPIF

Mondkarten müssen dringend verbessert werden

Es ist verblüffend, dass selbst 40 Jahre nach der Apollo-Ära die Kartierung des Mondes weit weniger fortgeschritten ist als die des deutlich weiter entfernten Planeten Mars. Für zukünftige, auch bemannte Missionen zum Mond – zum Beispiel hinsichtlich von Forschungsvorhaben in der Physik und in der Astronomie, oder als erste Basis späterer Missionen zum Mars – braucht man hoch auflösende, metergenaue Bilder und präzise Karten von potenziellen Landeplätzen, die nach Möglichkeit auch noch nutzbare Ressourcen bieten sollen.

Besonders interessant für die Mondforscher sind noch fast völlig unbekannte Gebiete am Nord- und Südpol des Mondes, die entweder hoch gelegen und deshalb ständigem Sonnenlicht ausgesetzt sind oder sich in permanenter Dunkelheit befinden. Tiefe Krater, in die nie ein Lichtstrahl dringt, können vielleicht kleine Mengen von Wasser-Eis enthalten. Für zukünftige Astronauten wäre Wasser auf dem Mond ein Rohstoff von unschätzbarem Wert; man könnte sich die mühevolle und kostspielige Mitnahme von Wasser und Treibstoffen von der Erde ganz oder teilweise ersparen.

Ein Zehntel der Mondüberfläche in einer Auflösung von einem halben Meter

Auch große Gebiete auf der Mondrückseite sind noch immer nicht gut dokumentiert – weil der Mond für eine Rotation um seine eigene Achse genau so lange braucht, wie für einen Umlauf um die Erde, kann sie von der Erde nie beobachtet werden. Die NASA-Mondmission wird nun mindestens zehn Prozent der Mondoberfläche – insbesondere an den beiden Polen – in einer Bildauflösung von einem halben Meter pro Bildpunkt (Pixel) erfassen.

„Während der Vorbereitungen zur kommenden NASA-Mondmission haben wir uns an der Auswahl der Beobachtungsziele beteiligt“, erklärt Oberst die Rolle seiner Berliner Arbeitsgruppe. „Wenn dann die ersten Messungen auf der Erde eintreffen, unterstützen wir das Wissenschaftsteam bei der Eichung der Kameras und des Laser-Höhenmessgeräts. Außerdem werden wir an der Korrektur der Rohdaten mitwirken“.

Auch die Identifizierung und hochpräzise Vermessung der Landestellen ehemaliger Mondmissionen wird von Oberst und seinen Mitarbeitern angestrebt. Die von den Apollo-Astronauten zurückgelassenen Laser-Reflektoren und Radio-Antennen sind wichtige Geländepunkte mit genau bekannten Koordinaten, die praktisch das Mondkoordinatensystem definieren. Die Daten der Mondkamera LROC und des Laser-Höhenmessers LOLA liefern die Grundlagen für ein überarbeitetes Koordinatensystem des Mondes.

„Mit den neuen Messungen vom Mond werden wir bessere topographische Mondkarten berechnen können, die frei von Verzerrungen sind“, freut sich Oberst auf die ersten Messungen der Mondsonde. Diese liefern eine wichtige Grundlage für die Suche nach geeigneten Landestellen für zukünftige Mondmissionen und insbesondere nach Wasser-Eis in Kratern der Polgebiete.

Neues Kapitel in der Mondforschung

Auch die Wissenschaftler aus Münster erwarten mit Spannung die Ergebnisse der NASA-Mondmission: „Nach mehr als fünf Jahren intensiver Vorbereitungs- und Planungszeit sind wir bereit für ein neues und spannendes Kapitel in der Mondforschung, das den Mond in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen wird“, sagt Hiesinger.

Und weiter: „Mit der extrem hohen Auflösung werden wir selbst kleine Krater erkennen können, die sich seit der Apollo-Ära auf dem Mond gebildet haben. Aus dem Vergleich von Apollobildern mit den Bildern der neuen Mondkamera werden wir somit ein wesentlich verbessertes Verständnis der gegenwärtigen Einschlagsrate erhalten.“

Die neuen Daten werden den Wissenschaftlern aber auch hochpräzise Altersbestimmungen der Mondoberfläche und deren mineralogisch-geochemische Zusammensetzung ermöglichen – eine unabdingbare Voraussetzung für unser Verständnis der geologischen und thermischen Entwicklung des Mondes.

„Wir werden also den Mond gewissermaßen unter der LROC-Lupe betrachten und ihm mit Sicherheit viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse entlocken können, inklusive der Frage ob es Wasser-Eis an den Polen geben kann“, ergänzt Hiesinger.

Der Mond im Brennpunkt der Planetenforschung

Die geplante NASA-Mondmission wird sich zeitgleich mit der indischen Mondmission „Chandrayaan-1“, die im Oktober 2008 gestartet ist, in einer Mondumlaufbahn befinden. Die japanische Sonde „Kaguya“, gestartet im Oktober 2007, wurde erst vergangene Woche, am 11. Juni 2009, nach einer erfolgreichen Mission gezielt auf der südlichen Mondvorderseite zum Absturz gebracht. Die chinesische Mondmission „Chang’e-1“ wurde ebenfalls im Oktober 2007 gestartet und zerschellte am 1. März 2009 auf der Mondoberfläche.

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 18.06.2009 – DLO)

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