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Technik

Gedanken lassen Flipperkugeln flitzen

Durchbruch mit dem Berliner Brain Computer Interface

Über das Berlin Brain Computer Interface steuert die Nachwuchswissenschaftlerin der TU Berlin, Katja Hansen, in Echtzeit einen Flipper-Automaten – allein mit den Gedanken. Die Forschergruppe um Prof. Dr. Klaus-Robert Müller von der TU Berlin entwickelte das außergewöhnliche Experiment an der Schnittstellen von Hirn und Maschine. © Dahl / TU Berlin

Forschern ist es gelungen, mit einem Experiment an der Schnittstelle zwischen Gehirn und Maschine einen Durchbruch zu erreichen. Eine Testperson steuerte über das so genannte Berliner Brain Computer Interface (BBCI) einen Flipper-Automaten in Echtzeit – allein durch die Kraft seiner Gedanken.

Beim Berliner Brain Computer Interface-Projekt (BBCI) messen die Forscher der Technischen Universität (TU) Berlin um Professor Klaus-Robert Müller vom Fachgebiet Maschinelles Lernen in Kooperation mit Kollegen der Charité Berlin und dem Fraunhofer-Institut FIRST die elektrische Hirnaktivität durch Elektroden, die auf der Kopfhaut angebracht werden.

Maschinelles Lernen

Diese so gewonnenen Signale des Elektroenzephalogramms (EEG) spiegeln nicht nur ausgeführtes Verhalten, sondern auch lediglich gedachte Verhaltensweisen wider, etwa eine nur vorgestellte Hand- oder Fußbewegung.

Durch fortgeschrittene Methoden des Maschinellen Lernens können diese EEG-Signale in technische Steuersignale für Computer oder andere Maschinen umgewandelt werden. Dadurch eröffnet sich zum Beispiel schwer gelähmten Patienten die Möglichkeit, Texte zu schreiben oder auf andere Weise die Umwelt zu beeinflussen. Dabei kommt es je nach Anwendung auf eine möglichst korrekte Erkennung der Nutzerabsicht oder aber auf zeitlich sehr präzise Erkennung an.

Extrem schnelle Erkennung und Reaktion

Das Besondere an dem neuen Experiment mit dem Flipper-Automaten ist die Geschwindigkeit, mit der das BBCI-System auf die Gedanken des Benutzers reagiert. Durch die extrem schnelle Erkennung mit weit unter einer Sekunde Verzögerung kann der Benutzer des BBCI-Systems in Echtzeit auf den geänderten Lauf der schnellen Kugel des Flipperspiels reagieren. Dabei bedient er die Schläger des Flipperautomaten allein durch vorgestellte, aber nicht ausgeführte Bewegungen.

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„Bereits seit einigen Jahren forschen Wissenschaftlerteams in Europa und den USA an Brain-Computer Interface-Systemen (BCI), die einen direkten Dialog zwischen Mensch und Maschine ermöglichen sollen. Mit unserem Berliner Brain Computer Interface-Projekt und der extrem schnellen Reaktionserkennung bei unserem aktuellen Experiment können wir einen weiteren Durchbruch vermelden“, berichtet Müller. „Grundlage für den aktuellen Erfolg sind moderne Verfahren des maschinellen Lernens und der Signalverarbeitung sowie die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern.“

Leistungsfähiges BBCI-System

Projektleiter Michael Tangermann erklärt weiter: „Die vorgestellte Spieleanwendung demonstriert die Fähigkeit unseres BBCI-Systems, extrem zeitkritische Anwendungen zu steuern und stellt gleichzeitig eine motivierende Beispielanwendung für das Training von BCI-Nutzern dar. Zusätzlich lassen sich aus den gemessenen EEG- Signalen Informationen über den mentalen Zustand des Benutzers gewinnen, um etwa zu hohe mentale Arbeitslast, Ermüdung oder nachlassende Konzentrationsfähigkeit zu detektieren“.

Dadurch biete sich das BBCI-System auch bei der Optimierung allgemeiner Benutzerschnittstellen und für die Untersuchung neurowissenschaftlicher Fragestellungen an.

Erste öffentliche Vorführung zur Langen Nacht der Wissenschaften

Das Flipper-Experiment wird während der Langen Nacht der Wissenschaften am 13. Juni 2009 an der TU Berlin auf dem Charlottenburger Campus erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgeführt. Zudem können die Besucher an anderen Experimenten mit dem BCI-System selbst teilnehmen. So können sie mit der neu entwickelten EEG-Haube auch selbst nachvollziehen, wie ihre Hirnströme gemessen werden und ein Computer dadurch bedient werden kann.

(idw – Technische Universität Berlin, 05.06.2009 – DLO)

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