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Umwelt

Bikini-Atoll: Insel bleibt verstrahlt und verwaist

Rest-Radioaktivität durch Atomwaffentests noch immer zu hoch für eine Wiederbesiedelung

Die Hauptinsel des Bikini-Atolls ist noch immer zu stark verstrahlt, um wieder besiedelt zu werden. © NASA/USGS

Verstrahltes Südsee-Paradies: Die Hauptinsel des Bikini-Atolls ist noch immer zu verstrahlt, um eine sichere Rückkehr ihrer Bewohner zu erlauben. Auch fast 60 Jahre nach dem Ende der letzten Atomwaffentests liegt die Gammastrahlung im Zentrum der Insel deutlich über den Grenzwerten, wie neue Messungen belegen. Auch die Nachbarinsel Rongelap kommt wahrscheinlich für eine Wiederbesiedlung noch nicht in Frage, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

Zwischen 1946 und 1958 führten die USA im Bikini- und Enewetak-Atoll der Marshall Inseln insgesamt 64 Atombombentests durch. Dabei wurden nicht nur diese beiden Atolle durch das primär freigesetzte Cäsium-137 verseucht, sondern auch das zunächst nicht evakuierte benachbarte Rongelap-Atoll. Als Folge trugen hunderte von Inselbewohnern Strahlenschäden davon.

Sicher genug für eine Rückkehr der Menschen?

Heute sind einige Inseln des Enewetak-Atolls zwar wieder besiedelt, Rongelap und Bikini jedoch blieben bisher verweist. Das aber soll sich nach dem Willen der Regierung der Marshall-Inseln bald ändern. Sie plant, Menschen von den überfüllten Hauptinseln Majuro und Ebeje nach Bikini und Rongelap umzusiedeln – unter der Annahme, dass die Radioaktivität inzwischen ausreichend gesunken ist, weil Cäsium-137 eine Halbwertszeit von rund 30 Jahren hat.

Um herauszufinden, wie hoch die Strahlenbelastung auf den Atollen tatsächlich heute noch ist, haben Autumn Bordner und ihre Kollegen von der Columbia University in New York im Sommer 2015 neue Messungen durchgeführt. Sie besuchten dafür sechs Inseln der nördlichen Marshall-Inseln, Bikini, Enewetak, Rongelap sowie Runit, Nam, und Medren und ermittelten die Gammastrahlung an verschiedenen Standorten auf den Inseln.

Atomwaffentest "Castle Bravo" am 1. März 1954 auf der Insel Nam, die Bombe war 1.000 Mal stärker als die Atombombe von Hiroshima. © DOE

Unter den Grenzwerten, aber trotzdem nicht besiedelbar

Das Ergebnis: Zumindest zwei der sechs Inseln, Enewetak und Medren, sind heute im Durchschnitt nicht stärker verstrahlt als die weiter entfernt liegende Hauptinsel Majuro. Bei zwei weiteren Inseln, Runit und Nam, lagen die Gammastrahlungswerte ebenfalls unter dem für die Besiedelung beschlossenen Grenzwert von 0.01 Millisievert pro Jahr, wie die Forscher berichten.

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Allerdings gab es gleich zwei Haken: „Angesichts der Tatsache, dass Runit heute Standort eines radioaktiven Endlagers ist und Nam als Folge des dort durchgeführten Bravo-Tests komplett zerstört ist, ist es unwahrscheinlich, dass diese Inseln jemals wieder für eine Besiedlung geeignet sein werden“, betonen Bordner und ihre Kollegen.

Zudem konnten sie auf den Inseln nur entlang einer Küstenseite Messungen durchführen. „Vorhergehende Studien sprechen jedoch dafür, dass die Gammastrahlen-Messungen auf Stränden sehr viel niedriger ausfallen als im Inneren der Inseln“, so die Forscher. Es liege daher nahe, dass Runit und Nam stärker kontaminiert sind, als es die aktuellen Messungen zeigen.

Radioaktive Belastung durch Gammastrahlen auf Bikini Island, gemessen im Sommer 2015. © Bordner et al./ PNAS

Bikini: Inselinneres noch verseucht

Noch schlechter sieht es auf Rongelap und Bikini aus: Auf Bikini Island ergaben Messungen an 137 Standorten deutliche Unterschiede zwischen Inselzentrum und den Stränden: Während die Strände unter den Grenzwerten blieben, registrierten die Forscher im Zentrum der Insel Werte bis zu 6,48 Millisievert pro Jahr – und damit eine noch immer stark erhöhte Radioaktivität. „Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Bikini Island für eine Besiedelung nicht sicher ist“, konstatieren die Forscher.

Der Status der Insel Rongelap ist etwas weniger eindeutig. Hier ermittelten die Wissenschaftler eine durchschnittliche Strahlenbelastung von 0,198 Millisievert pro Jahr – und damit nur leicht höhere Werte als Schätzungen der Regierung aus dem Jahr 1994. Dennoch warnen sie vor einer voreiligen Wiederbesiedelung: „Unsere Messungen berücksichtigen nur die Strahlenbelastung durch äußere Einflüsse“, erklären sie.

Doch über den Verzehr von Fisch, Kokosnüssen und anderen Lebensmitteln nehmen Bewohner zusätzliche Radioaktivität auf. Denn vor allem in den Pflanzen des Atolls ist noch immer viel Cäsium-137 gespeichert, wie frühere Messungen bereits ergaben. „Bevor diese Insel wieder zur Besiedlung freigegeben wird, müssen daher dringend weitere Messungen durchgeführt werden“, so das Fazit der Wissenschaftler. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016, doi: 10.1073/pnas.1605535113)

(PNAS, 07.06.2016 – NPO)

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