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Astronomie

Schwarzes Loch: Magnetfeld als Retter

Magnetische Kräfte können den Schwerkraftsog der Schwarzen Löcher aufheben

Computersimulation von Gas (gelb), das in Richtung eines zentralen Schwarzen Lochs einströmt. Nach oben und nach unten ist jeweils ein durch Magnetfelder stark gebündelter Materiestrahl oder Jet mit Magnetfeldlinien zu sehen. © Alexander Tchekhovskoy / LBNL

Unersättliche Massemonster: Bislang nahm man an, dass Schwarze Löcher mit ihrer extremen Schwerkraft alles in ihrer Umgebung verschlingen. Ihre Magnetfelder galten dagegen als vergleichsweise schwach – bis jetzt: Deutsche und US-amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass die magnetischen Kräfte in der Umgebung von Schwarzen Löchern die gleiche Stärke erreichen können wie die Schwerkraft. Dieses Phänomen trägt entscheidend zu den starken Materiejets bei, die viele Schwarze Löcher aussenden, wie die Astronomen im Magazin „Nature“ berichten.

Schwarze Löcher gelten als Abgrund ohne Wiederkehr: Die gewaltige Schwerkraft lässt nichts entkommen, nicht einmal das Licht. Viele Schwarze Löcher senden dennoch zwei stark gebündelte Materiestrahlen, sogenannte Jets, in entgegengesetzter Richtung ins All. Diese Jets entspringen der Akkretionsscheibe aus Gas, die das Schwarze Loch umgibt und von ihm aufgesaugt wird, und senden starke elektromagnetische Strahlung von Röntgen- bis Radiobereich aus. Besonders bei den supermassiven Schwarzen Löchern in den Zentren aktiver Galaxien lassen sich diese Teilchenstrahlen über ihre Radiostrahlung beobachten. Auf welche Weise die Jets entstehen, ist noch weitgehend unklar.

Radiostrahlung verrät gewaltige Magnetfeldstärke

Astronomen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIFR) in Bonn haben nun herausgefunden, dass das Magnetfeld eines Schwarzen Loches offenbar eine bedeutende Rolle für die Jets spielt: „Wir haben festgestellt, dass sich mit der Radiostrahlung der Jets die Magnetfeldstärke in der direkten Umgebung eines Schwarzen Lochs bestimmen lässt“, sagt Mohammad Zamaninasab vom MPIFR, Erstautor des Fachartikels. Die Astronomen nutzten dazu Daten aus dem MOJAVE Programm, das mit dem amerikanischen Very Long Baseline Array (VLBA) systematisch hunderte von Jets von supermassiven schwarzen Löchern vermisst. Das VLBA ist ein Netzwerk aus über die gesamten USA verteilten Radioteleskopen.

Die Magnetfelder erwiesen sich teilweise als überraschend stark: Die Forscher stellten fest, dass die Magnetfeldstärke in der Nähe eines Schwarzen Loches durchaus vergleichbar mit seiner Schwerkraft sein kann. Ein Schwarzes Loch mit der milliardenfachen Masse unserer Sonne erzeugt demnach ein Magnetfeld, das etwa zehntausendmal stärker ist als das der Erde. Solche enormen Feldstärken kennt man hier von Kernspintomografen.

Um ihre Beobachtungen zu überprüfen, simulierten die Wissenschaftler die Wechselwirkungen zwischen Gaswolke, Schwarzem Loch und Magnetfeld im Computer. „Sobald das einfallende Gas in unseren Simulationen ein genügend starkes Magnetfeld mit sich führt, wird der Einfluss dieses Magnetfelds in der Nähe des Schwarzen Lochs so stark, dass sich mit der Gravitation ein Gleichgewicht einstellt“, sagt Koautor Alexander Tchekhovskoy vom Lawrence Berkeley National Laboratory.

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Magnetfeld lässt Gasjets entkommen

Dadurch ändert sich das Verhalten des Gases im Bereich des Schwarzen Lochs grundlegend: Das Magnetfeld bremst das Gas bei seinem Sturz in das Schwarze Loch ab und presst die Akkretionsscheibe zusammen. Die Scheibe rotiert dadurch langsamer, die Jets werden dagegen verstärkt. So wirkt sich die Magnetfeldstärke eines supermassiven Schwarzen Loches direkt auf die Stärke der Jets aus. So entstehen auch die ausgesprochen starken Radiojets in den Zentren aktiver Galaxien, in denen die Magnetfelder eine mit der Schwerkraft vergleichbare Stärke erreichen.

Wenn das Magnetfeld in der Umgebung stark genug ist, um mit der Schwerkraft des Schwarzen Loches gleichzuziehen, entkommt zumindest ein Teil des Gases dem Sog des kosmischen Abgrunds. Eric Clausen-Brown vom MPIFR fasst zusammen: „Wenn unsere Vorstellungen einer genaueren Überprüfung standhalten, dann müssten wir unsere Annahmen über die Eigenschaften von Schwarzen Löchern und deren Wirkung auf ihre Umgebung überdenken“.

(Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13399)

(Max-Planck-Institut für Radioastronomie, 05.06.2014 – AKR)

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