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Ökologie

„Conan“ das Bakterium

Die wahrscheinlich widerstandfähigste Mikrobe der Welt

Sollte ein Atomkrieg jemals die Erde verwüsten, wären es nicht etwa Ratten oder gar Kakerlaken, die überleben würden, sondern ein winziger pinkfarbener Mikroorganismus: „Conan das Bakterium“. Ähnlich wie sein muskelbepackter Namensvetter widersteht „Conan“ nicht nur Säurebädern, kochender Hitze und klirrender Kälte sondern auch unvorstellbar hohen Dosen radioaktiver Strahlung. Die mit „bürgerlichem Namen“ als Deinococcus radiodurans bezeichnete Mikrobe gilt als das resistenteste Bakterium der Welt und steht damit im Guinness Buch der Rekorde.

Doch die Entdeckung eines solchen multiresistenten Mikroorganismus sorgte nicht nur in der Öffentlichkeit für Aufsehen, auch in der wissenschaftlichen Welt sorgte die „seltsame Beere, die Strahlung widersteht“ für eine Sensation. „Ich hatte ernsthafte Schwierigkeiten damit, die Existenz eines solchen Lebewesens überhaupt zu glauben,“ erzählt John Battista von der Louisiana State University über seine erste Begegnung mit dem „Superbug“. Doch die Realität belehrte ihn eines Besseren.

Entdeckt wurde das Bakterium schon in den 50er Jahren – in vergammelten Fleischkonserven aus Armeebeständen. Obwohl diese mit hohen Dosen radioaktiver Strahlung sterilisiert sein sollten, hatte in ihnen offenbar etwas überlebt: Der Inhalt der Konserven war von einem pinkfarbenen, nach verfaultem Kohl stinkenden Belag überzogen und ganz und gar nicht steril. Im Gegenteil. Als man den pinkfarbenen Überzug analysierte, wimmelte es in ihm von winzigen beerenförmigen Bakterien. Konnte dieser Organismus wirklich die harte Strahlung überlebt haben? Um ganz sicher zu gehen, bestrahlten Forscher die Kulturen des Bakteriums im Labor erneut und trauten ihren Augen kaum: Die seltsamen Bakterien überlebten nicht die für Menschen bereits tödlichen Dosen von 500 bis 1.000 rad, sondern tummelten sich auch noch ungerührt in ihrem Nährmedium, wenn mehr als das Zehntausendfache auf sie einprasselte. Bis zu 1,5 Millionen rads konnten die verblüfften Forscher auf den Mikroorganismus loslassen, ohne dass dieser daran zugrunde ging. Die Sporen – Überdauerungsstadien – des Bakteriums ertrugen sogar unvorstellbare drei Millionen rads. Wie war das möglich?

Bis zu diesem Zeitpunkt hätte kein Wissenschaftler eine solche extreme Resistenz jemals für möglich gehalten, alle bisherigen Beobachtungen zur den Auswirkungen radioaktiver Strahlung sprachen dagegen. Schon bei weitaus geringeren Dosen hinterlassen die energiereichen Strahlen in den Zellen jedes Lebewesens unweigerlich ein wahres Trümmerfeld. Die DNA, das Erbmaterial der Zellen, wird von der Strahlung geradezu zerhäckselt und in hunderte von winzigen Fragmenten zerbrochen. Eine Überlebenschance hat eine so schwer getroffene Zelle nicht, sie stirbt. Doch warum blieb ausgerechnet „Conan“, dieses Schicksal erspart? Wieso war dieser unscheinbare Winzling einfach nicht totzukriegen?

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Stand: 26.05.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Extremophile
Grenzgänger im Reich der Kleinsten

Überlebenskünstler unter den Mikroben
Dem Geheimnis der Extremophilen auf der Spur

Who's Who der Extremophilen
Rekordhalter in der Welt der kleinsten Wesen

Brodelndes Inferno statt lauer Ursuppe?
Am Beginn der Evolution steht ein Fragezeichen

Arche Noah unter der Erde?
Sind Extremophile die letzten Überlebenden der Urorganismen?

Manche mögen's heiß...
Die Entdeckung einer biologischen Unmöglichkeit

Wo sind die Grenzen des Lebens?
Rätsel um die Tricks der Thermophilen

Thermophile als CO2-Filter
Wenn Algen in Schornsteinen wachsen...

Thermus aquaticus und die PCR
Späte Biotech-Karriere eines "Wunderorganismus"

"Conan" das Bakterium
Die wahrscheinlich widerstandfähigste Mikrobe der Welt

Auf der Suche nach dem Trick der "Superbugs"
"Rettungsringe" als Geheimnis des Erfolges?

"Conan" als Sanierungshelfer
Strahlenresistente Mikrobe zum biologischen Abbau von radioaktivem Müll gesucht...

Die Mikroben, die aus der Kälte kamen...
Micky Maus, Klingonen und drei Kilometer Eis

Die Giftfresser von Idaho
Lieblingsspeise: Hochgiftige Chromverbindungen

Metall-Pyranhas im Vitriol-Fluss
Leben in Säure und Schwermetallen

Kleiner als die Natur erlaubt?
Streit um die Existenz der Nanobakterien

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