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Phänomene

Musik als Heilmittel

Wo Musiktherapie schon hilft

Weil die Musik tief in unser Empfinden und unsere unwillkürlichen Reaktionen eingreift, liegt es nahe, diesen Effekt auch therapeutisch zu nutzen. Denn Musik kann sogar dort wirken, wo konventionelle Medizin und Psychotherapie kaum Ansatzmöglichkeiten haben – in unserem Unbewussten.

Bei Tinnitus gehört eine Therapie mit spezieller Musik schon länger zum Standard © philhol/ iStock.com

Hilfe bei Angst, Depression und Tinnitus

Gerade bei psychischen Leiden wird Musiktherapie schon länger eingesetzt, beispielsweise bei Patienten mit Angststörungen oder Depressionen. Studien belegen, dass durch eine maßgeschneiderte, regelmäßige Musikberieselung Angst und Niedergeschlagenheit nachlassen und weniger Stresshormone ausgeschüttet werden. Sogar Flugangst soll eine App mit maßgeschneiderter Musik lindern können. Auch gegen Schlafstörungen kann Musik helfen. Hören Betroffene vor dem Einschlafen regelmäßig eine speziell dafür zusammengestellte Musik, liegen sie weniger lange wach und erleben längere Tiefschlafphasen.

Ebenfalls bewährt hat sich die Musiktherapie bei Tinnitus. Dabei wird meist Musik eingesetzt, deren Frequenzen auf bestimmte Weise manipuliert oder mit einem „weißen Rauschen“ unterlegt wurde. Dies sorgt dafür, dass das Gehirn sich den von ihm selbst produzierten Störton quasi abtrainiert. Noch effektiver könnte sogar eine aktive Form der Musiktherapie sein, bei der die Tinnitus-Patienten selbst bestimmte Tonfolgen nachsummen. Schon nach wenigen Tagen führt dies dazu, dass sich funktionale Strukturen im Gehirn verändern und das Ohrgeräusch nachlässt, wie eine Studie ergab.

Musik kann bei ALzheimer-Patienten verschüttete Erinnerungen wecken und lindert Aggression und Depression. © geralt/ pixavay

Musik und Alzheimer

Auch Alzheimer-Patienten können von Musik profitieren – und das gleich auf mehrfache Weise. Zum einen scheint das Langzeit-Musikgedächtnis erstaunlich immun gegen den geistigen Verfall zu sein. Selbst wenn Alzheimer-Patienten fast nichts mehr können – auf die Lieder ihrer Jugend reagieren sie noch. Sie erinnern sich häufig sogar wieder an Ereignisse, die mit dieser Musik verbunden sind. Das hilft dabei, die kognitiven Fähigkeiten so lange wie möglich wach zu halten.

Zum anderen übt Musik auch einen direkten, positiven Einfluss auf die Stimmung von Alzheimer-Patienten aus: Sie lindert die Verwirrung und Angstgefühle und verringert auch aggressive Ausbrüche bei den Patienten, wie Erfahrungen aus Pflegeheimen belegen. Wer vor seiner Alzheimer-Erkrankung selbst Musik gemacht hat, dem hilft dies noch auf eine weitere Weise: Das musikalische Training stärkt die Hirnareale, die für die Sprachverarbeitung zuständig sind. Dadurch bleibt diese Fähigkeit auch im Demenzfall länger erhalten, wie eine Studie nahelegt.

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Selbst unter Narkose oder im Koma reagiert der Körper auf Musik © Stefan Schranz/ pixabay

Wirkung sogar im Koma

Sogar bei Patienten im künstlichen Koma kann Musik Körper und Geist positiv beeinflussen: Bekommen solche Patienten auf der Intensivstation mittels Kopfhörer langsame Klaviersonaten von Mozart vorgespielt, sinkt ihr Blutdruck und der Pegel der Stresshormone in ihrem Blut normalisiert sich. Gleichzeitig benötigen die Mediziner deutlich weniger Narkosemittel, um die Patienten weiterhin im künstlichen Koma zu halten – auch dies ein Anzeichen für die entspannende und beruhigende Wirkung der Musik.

Eine ähnliche Wirkung beobachteten Ärzte bei Patienten, die vor und während einer Operation mit beruhigender Musik beschallt wurden. Auch ihre Stresssymptome milderten sich, es kam zu weniger Komplikationen und die Dosis von Schmerz- und Narkosemitteln konnte reduziert werden.

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Nadja Podbregar
Stand: 26.05.2017

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Macht der Musik
Wie Musik auf unseren Geist und Körper wirkt

Tiefe Wurzeln
Musik als Urinstinkt?

Komplex vernetzt
Wie unser Gehirn Musik verarbeitet

Große Gefühle
Musik und Emotionen

Musik als Heilmittel
Wo Musiktherapie schon hilft

Gut für Herz und Abwehr
Musik gegen körperliche Leiden

Keine "Pille für alle"
Wie geht es weiter?

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