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Technik

Wind und Sonne als Helfer

Neue Antriebskonzepte für Frachtschiffe

Deutlich weniger weit als bei Fähren und Wassertaxis ist die elektromobile Entwicklung bei Frachtschiffen – und das ist auch nicht verwunderlich. Denn Containerschiffe und andere Frachter verkehren auf hoher See und sind oft tausende Kilometer ohne Landkontakt unterwegs. Solche Reichweiten aber erreicht bisher kein elektrisches Antriebssystem – und Ladestationen gibt es auf dem offenen Ozean nicht.

Ein reiner Elektrobetrieb ist daher für Hochsee-Schiffe auch in Zukunft wohl eher unrealistisch. Anders sieht dies dagegen mit Hybridantrieben und einer zumindest teilweisen Reduktion des Treibstoffverbrauchs aus. Denn es gibt durchaus Möglichkeiten, sich den Strom dafür vor Ort zu beschaffen. Die Quelle dafür sind die Energien, die es auf See reichlich gibt: Sonne und Wind.

Der Autofrachter Auriga Leader erhält einen Teil seiner Energie von Solarzellen an Deck © NYK

Auriga Leader – der erste „Solarfrachter“

Ein Pionier in dieser Hinsicht ist die japanische Reederei NYK. Ihr 2008 in Betrieb genommener Autofrachter „Auriga Leader“ ist das erste große Übersee-Schiff, das zumindest einen Teil seiner Antriebsenergie und seines Stroms aus Solarzellen gewinnt. Der 200 Meter lange Frachter wird eingesetzt, um Fahrzeuge über den Pazifik von Japan in die USA zu transportieren.

Als erstes Schiff ihrer Art trägt die Auriga Leader mehrere Reihen mit insgesamt 328 Solarpanels an Deck. Sie speisen Solarstrom in das Schiffssystem ein und liefern so zusätzliche Energie für Hydraulik, Steuerung und zum Teil auch für den Antrieb. Nach Angaben von NYK deckt der Solarstrom von Deck immerhin zehn Prozent des Strombedarfs der Auriga Leader und 0,05 Prozent der Antriebsenergie ab. Das klingt zwar nicht wirklich üppig, aber angesichts des gewaltigen Strom- und Treibstoffverbrauchs eines solchen 60.000-Tonners ist das zumindest ein Anfang.

Inzwischen geht die Reederei NYK sogar noch einen Schritt weiter: Sie will den Frachter mit einem zusätzlichen Hybrid-Bauteil ausrüsten, das die Schwankungen beim Solarstrom ausgleichen soll. Dabei sollen unter anderen Nickel-Wasserstoff-Akkus eingesetzt werden. Sollte sich dies bewähren, ist auch eine Ausweitung der Solaranlage geplant.

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Das Enercon-Frachtschiff E-Ship 1 im Hafen – Flettner-Rotoren tragen zu ihrem Antrieb bei. © ka&

E-Ship 1: Rotoren als Antriebshelfer

Auf den Wind als Antriebshelfer setzt dagegen der Windanlagenbauer Enercon mit seinem Frachter E-Ship 1. Das 130 Meter lange Schiff dient seit 2008 als Frachter für die Bauteile von Windkraftanlagen. Das Besondere an seinem Antrieb wird schon von Weitem sichtbar: Vier senkrechte Säulen von vier Metern Durchmesser ragen vorne und hinten aus dem Deck des Frachters auf.

Bei den seltsamen Säulen handelt es sich um Flettner-Rotoren. Trifft der Wind auf diese rotierenden Zylinder, verändern sich die Luftströmungen ähnlich wie bei einem Flugzeugflügel. Auf der in Windrichtung drehenden Seite der Säule entsteht durch eine schnellere Strömung eine Zugkraft. Kommt der Wind aus der richtigen Richtung, kann diese Zugkraft genutzt werden, um das Schiff voranzutreiben – oder zumindest dazu einen Beitrag zu leisten.

Nach Angaben von Enercon spart die E-Ship 1 durch ihre Flettner-Rotoren und einen sparsamen dieselelektrischen Antrieb rund 25 Prozent Treibstoff. Im Jahr entspricht dies immerhin bis zu 1.700 Tonnen Schiffsdiesel. Das Schiff stößt dadurch rund 5.100 Tonnen weniger CO2-Emissionen aus.

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In Planung: „Wind Challenger“ und „Vindskip“

Bereits in Arbeit ist ein weiteres Frachtermodell, das auf den Schub des Windes setzt. Bei dem von japanischen Forschern geplanten „Wind Challenger“ sorgen halbrunde, einfahrbare Segel für den zusätzlichen Vortrieb des Schiffs. Durch vier solcher 50 Meter hohen Segel soll der Frachter der Panamax-Klasse 30 Prozent weniger Treibstoff benötigen. Prototypen der Segel haben die Forscher bereits getestet.

Noch eher visionär ist das Vindskip des norwegischen Ingenieurs Terje Lade. Sein Frachter kommt ohne Segel oder Rotoren aus, sondern nutzt seinen speziell geformten Rumpf als Windfänger. „Trifft der Wind schräg von vorn auf den Rumpf, entsteht daraus eine Kraft in Längsrichtung, das Schiff nimmt Fahrt auf“, erklärt Lade. Das klappt allerdings nur, wenn das Schiff schnell genug fährt – dafür sollen eine Kombination aus Diesel- und Flüssiggasantrieb sorgen. Dann jedoch könnte der Frachter durch den Windschub bis zu 60 Prozent an Treibstoff sparen – und 80 Prozent weniger Emissionen freisetzen.

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Nadja Podbregar
Stand: 07.10.2016

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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