Anzeige
Physik

Teilchen – geboren aus dem Inferno

Ein Detektor kehrt die Zeit um

Während das Billionen Grad heiße Inferno explodiert und sich dabei abkühlt, werden viele neue Teilchen geboren, die man in den Detektoren auffängt, beispielsweise im STARDetektor: Der blaue Koloss ist so groß wie ein mehrstöckiges Haus und wiegt 1200 Tonnen. Außen hat er eine riesige Magnetspule, deren Feld alle geladenen Teilchen auf gebogene Bahnen zwingt; sein Herz besteht aus einer Spurendriftkammer, welche die Teilchen elektronisch identifizieren und deren Weg verfolgen kann.

STAR-Detektor in Brookhaven © BNL

Wie eine Puppe in der Puppe steckt im Inneren der Kammer schließlich das Messgerät aus München. Diese FTPC (Forward Time Projection Chamber) besteht aus zwei symmetrischen Teilen und dient dazu, diejenigen Teilchen zu erfassen, die nicht igelförmig steil nach außen fliegen, sondern unter einem flachen Winkel entlang der Achse des Strahlrohrs entweichen. Gerade dort findet man besonders viele Partikel; sie zu registrieren, ist extrem wichtig.

Der Nachteil: „Wir mussten uns bei der Konstruktion unseres Detektors nach den sehr beschränkten Platzvorgaben im Inneren des STAR richten“, sagt Volker Eckardt. „Das zwang uns dazu, ein technologisch äußerst anspruchsvolles Konzept zu verwenden.“ So entschlossen sich die Münchener Physiker beispielsweise, den zylinderförmigen Detektor nicht – wie sonst üblich – in ebene Segmente aufzuteilen, sondern bauten ihn mit einer perfekt runden Manteloberfläche. „Wir entwickelten eigene Fertigungsverfahren dafür und brauchten viele Tests, um die nötige Genauigkeit und Zuverlässigkeit sicherzustellen“, erinnert sich Detektorspezialist Eckardt.

Die Bemühungen waren von Erfolg gekrönt: Rund 1000 Teilchen kann jede der beiden rund einen Meter langen und 75 Zentimeter dicken Spurendriftkammern gleichzeitig erfassen und dabei Spuren unterscheiden, die nur etwa einen Millimeter voneinander entfernt sind – und das 80 Mal pro Sekunde. Die Signale werden sofort ausgelesen und gespeichert. Aus ihnen rekonstruiert dann der Computer in Sekundenschnelle die Bahnen der Teilchen, ihre Energie und ihren Typ. Derartige Detektoren „können die Zeit umkehren“, wie das BNL stolz vermeldet. Gemeint ist: Aus der Vielzahl von Daten, die sie registrieren, kann man zurückrechnen auf das, was vorher geschah.

Und so konnten die rund 1200 Physiker aus mehr als einem Dutzend Ländern, die an den vier Experimenten mitwirken, bereits eine Woche nach Abschluss der im Mai beendeten Experimentierphase ihre Aufsehen erregenden Ergebnisse mitteilen. Ganz sicher sind sich die Fachleute jedoch immer noch nicht. Weitere Experimente sollen folgen, um die Hinweise zu verdichten.

Anzeige

Und wenn in einigen Jahren der große LHC-Beschleuniger (Large Hadron Collider) in Genf arbeitet, dann wird man auch mit diesem schwere Atomkerne beschleunigen können und bei Kollisionen noch 30fach höhere Energien erzielen. Die Teilchenphysiker, aber auch die Kosmologen werden sich freuen, rücken sie doch noch ein Stückchen näher an den Urknall heran.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. weiter


Stand: 23.01.2004

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Urknall im Speicherring
Teilchenphysiker auf der Suche nach dem Ursprung des Universums

Was geschah beim Urknall?
Die Suche nach dem "Stein der Weisen"

Feuerball mit Lichtgeschwindigkeit
Mit Teilchenschleudern zurück zum Anfang

Gell-Mann bringt Ordnung in die Theorie
Die Grundlagen der Teilchenphysik

"Wir überschreiten die Grenzen der Erkenntnis"
Der Ringbeschleuniger RHIC

Teilchen - geboren aus dem Inferno
Ein Detektor kehrt die Zeit um

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema