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Zoologie

Projekt Wiederansiedlung

Nerz-Auswilderung am Steinhuder Meer

Um den Europäischen Nerz zu retten, braucht es Inseln wie vor Estlands Küste oder andere naturnahe minkfreie Gewässer – wie zum Beispiel das Steinhuder Meer. „Amerikanische Minks gibt es bei uns nicht“, sagt Eva Lüers von der Ökologischen Schutzstation Steinhuder Meer e.V. (ÖSSM) in Winzlar. Deren nächstgelegene Population sei im Raum Diepholz, etwa 80 Kilometer entfernt.

Nerz-Auswilderung am Steinhuder Meer © Eva Lüers / ÖSSM

Im Jahr 2010 startete hier das Wiederansiedlungs-Projekt von ÖSSM, dem Verein EuroNerz und der Wildtier- und Artenschutzstation im nahegelegenen Sachsenhagen. Von allein käme der Nerz nicht wieder, darum ist Nachhilfe gefragt. Die naturnahen Uferzonen des Steinhuder Meers waren für das Projekt ideal. Zudem fehlt hier der Erzrivale, der Amerikanische Nerz, kurz: Mink. Sollte er aber doch noch in den Naturpark Steinhuder Meer einwandern, könnte das ganze Nerz-Projekt für die Katz‘ gewesen sein.

Freigang mit Sender

Ab 2010 wurden jährlich im Schnitt 20 Nerze ausgewildert. Alle tragen einen Transponder – einen Passivchip, der auf kurzer Distanz ausgelesen werden kann. 36 Tiere tragen auch einen aktiven Radiosender. Die Tiere stammen aus einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das der Zoo von Estlands Hauptstadt Tallinn leitet.

Vor der Auswilderung am Steinhuder Meer wurden bereits im Saarland und im Unteren Hasetal im Emsland Europäische Nerze ausgewildert. Im Saarland wurden von 2006 bis 2013 in den Tälern der Ill 162 Nerze ausgewildert. Der Abschlussbericht steht dort noch aus. In Sachen Reproduktion in freier Wildbahn hatte es dort schon früh Erfolg gegeben: 2008 ging ein Jungtier in eine Falle. Im Tal der Hase wurden bereits ab 2000 Nerze ausgewildert – bis 2009 rund 50, alle mit Sender. Später fand man dort Tiere ohne Sender – ein Indiz für Nachwuchs.

Infotafel zur Nerz-Wiederansiedlung in der Wildtierstation Sachsenhagen © Kai Althoetmar

Vom Gehege in die Freiheit

Zur Auswilderung am Steinhuder Meer werden am Seeufer Gehege aufgebaut, in denen die Nerze gefüttert werden und sich an die neue Umgebung gewöhnen. Nach zwei Wochen wird eine Klappe geöffnet, die Nerze können entweichen – müssen aber nicht. Erst wenn keine Nerz-Spuren mehr im Gehege zu finden sind, endet die Fütterung. Die Kolonisten erhalten alle Namen, das erleichtert die Zuordnung. Geschwistertiere haben den gleichen Anfangsbuchstaben: Mia, Mona, Max und Moritz, Queenie und Quentin, Theodor und Trixie. Mit Zorro war das Alphabet erschöpft.

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Die Sender, Passivchips und Bilder von Kamerafallen liefern fortan Informationen, wo es die Tiere hinzieht und ob sie überleben. „30.000 Euro kostet das Nerz-Projekt im Jahr. Der Verteidigungsetat beträgt 32 Milliarden“, sagt ÖSSM-Leiter Thomas Brandt. Das Nerz-Geld stamme aus „der Bingo-Lotterie“, von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung.

„Es ist noch unklar, ob die Gebietskulisse am Steinhuder Meer groß genug ist für eine dauerhafte Besiedlung“, sagt der Leiter der Station, Thomas Brandt. Vor dem Seeufer liegt sumpfiger Erlenbruchwald, seit anno Tobak nicht mehr genutzt. Die Bäume kippen irgendwann um, dem Nerz dienen die Wurzelteller als Versteck. Ein hölzerner Beobachtungsturm am Seeufer gibt Ausblick auf sein Reich. Im Treppengang des Turms brüten unbeirrt sechs Paare Rauchschwalben. Im Winter, erzählt Brandt, liefen die Nerze auch über den zugefrorenen See ans andere Ufer: „Zwölf Kilometer!“

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Kai Althoetmar
Stand: 27.01.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ein neuer Anfang für den Nerz
Wiederansiedlung der bedrohten europäischen Marderart

Neue Heimat für bedrohte Arten
Eine Ökostation am Steinhuder Meer

Einzelgänger mit Anspruch
Die Lebensweise des Europäischen Nerzes

Fast ausgestorben
Der Nerz überlebte nur in Refugien

Fatale Befreiung
Freigesetzte US-Nerze als Bedrohung

Projekt Wiederansiedlung
Nerz-Auswilderung am Steinhuder Meer

Neue Hoffnung
Die ersten Nerze am Steinhuder Meer

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