Strukturen, die um das 10.000-Fache kleiner sind als der Durchmesser eines menschlichen Haares – das ist das Arbeitsgebiet der Nanowissenschaftler, deren typische Maßeinheit der Nanometer ist: ein millionstel Millimeter. Von der Nanowissenschaft – der Name leitet sich vom griechischen Wort nános (Zwerg) ab – verspricht man sich unter anderem neue Materialien, Oberflächen mit Eigenschaften nach Maß und Maschinen von der Größe eines Moleküls. So revolutionär die Aussichten sind, so tief greifende gesellschaftliche Fragestellungen werden dabei aufgeworfen. Fragen, auf die es keine richtigen oder falschen Antworten gibt.
Nach Jahren intensiver und – zumal in Deutschland – äußerst erfolgreicher Forschung befinden wir uns nun in einer Phase, in der neue Nanoprodukte auf den Markt kommen: Tatsächlich gibt es bereits mehrere Hundert Artikel, die synthetische Nanopartikel enthalten, also Teilchen mit Abmessungen im Bereich von millionstel Millimetern. Tennis- und Golfschläger werden durch Nanozusätze im Kunststoff stabiler, Sonnencremes bieten mit Nanopartikeln aus Titandioxid einen besonders guten Schutz vor UV-Strahlung, Textilien wirken mit Silber-Nanoteilchen antimikrobiell, Lebensmittel bleiben dank Nanoverpackungen länger frisch. Druckertoner oder Kolloide, ebenfalls „Nano“, gibt es schon seit Jahren.
Neue Eigenschaften – und neue Risiken
„Nano“ könnte man dadurch kennzeichnen, dass besondere Funktionalitäten aufgrund besonderer Eigenschaften von Materie auf der Skala von Atomen und Molekülen entstehen. Das gilt sowohl für unbelebte als auch für lebende Systeme. Das zunehmende Verständnis von Nanosystemen findet nun erstmals Anwendung im komplexen Bereich von selbstorganisierten, lebenden Systemen, mithin in der Nanomedizin.
So hoch die Potenziale, so groß die Unsicherheiten. Nanoteilchen haben spezifische Stärken, bergen aber auch neue Risiken. So stehen in der Nanomedizin Visionen von winzigen Transportkapseln, die Medikamente zielgenau im Körper absetzen sollen, Fragen gegenüber, was mit den Nanopartikeln nach getaner Arbeit geschieht. Die winzigen Partikel können Zellmembranen durchdringen, sich möglicherweise in Organen anreichern oder im Atemtrakt Entzündungen hervorrufen.
Wolfgang M. Heckl und Marc-Denis Weitze / MaxPlanckForschung
Stand: 08.11.2013