Anzeige
Biotechnologien

Von Sonja bis Sokrates

Warum brauchen wir so viele Sorten?

Sie tragen Namen wie Sonja, Tobias, Skater, Manager, Türkis oder gar Sokrates. Allein Mais- und Weizensorten sind in Deutschland so zahlreich, dass sich Saatguthersteller die seltsamsten Namen einfallen lassen, um ihre Produkte anzupreisen. Aber wozu gibt es eine solche Vielfalt und wie wird sie erreicht? Was unterscheidet Gentechnik von herkömmlicher Züchtung und warum ist sie so umstritten?

{1l}

Die Weizensorte mit dem Namen Sokrates gehört – laut Herstellerangaben – zur besten Qualitätsgruppe A. Sieist allerdings dennoch stark anfällig für den Mehltau, zudem sollte sie im November ausgesät werden, so die Empfehlung. Auch Informationen über die ideale Dünger-Zugabe, die Kornzahl pro Ähre oder die Wuchshöhe gibt das Saatgutunternehmen gerne preis. Denn nichts wird in der modernen Landwirtschaft dem Zufall überlassen. Doch warum diese Vielfalt, warum dieser Aufwand?

Jeder Boden ist anders und jede Region bietet den Pflanzen in den verschiedenen Jahreszeiten unterschiedliche Witterungsverhältnisse, Sonnenstunden, Temperaturen. Daher wählt ein Bauer die von ihm gepflanzten Sorten genau nach den spezifischen Anforderungen auf seinem Stück Land aus. Genau wie Bananen – bisher – nicht bei uns gedeihen, so wächst auch nicht jeder Weizen oder Mais auf beliebigem Boden.

Kartoffelblüte: Die Kartoffelpflanze war bis weit ins 18. Jahrhundert hinein in Deutschland eine Luxus-Zierpflanze. Erste Fans der Knolle wurden die Botaniker Gaspard Bauhin und Carolus Clusius, die sie in ihre botanischen Werke aufnahmen, sowie Friedrich der Große, der sie in einer großangelegten Kampagne verbreiten ließ. © Keith Weller/ gemeinfrei

Die Kartoffel – ein Star mit Migrationshintergrund

Und auch die Kartoffel ist ein wählerisches Gewächs. Denn obwohl sie heute aus der traditionellen deutschen Küche nicht mehr wegzudenken ist, ist die Knolle noch ziemlich neu bei uns. Vielmehr wollte das etwas launische Nachtschattengewächs zunächst in unseren Breiten ganz und gar nicht wachsen. Deshalb galt sie in Deutschland bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nur als Zierpflanze.

Anzeige

Die heute zu Pommes, Püree, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln und ähnlichen Leckereien verarbeitete Knolle war erst Ende des 16. Jahrhunderts aus Südamerika nach Europa gekommen, wo sie ihren Siegeszug zunächst auf der iberischen Halbinsel und den Kanaren begann. Unter den hiesigen Bedingungen wuchsen die Knollen jedoch so mickrig und klein, dass kein Bauer davon satt geworden wäre. Das hiesige Klima und die Böden waren einfach zu verschieden von denen in den peruanischen Anden, wo die Pflanze in bis zu 4.000 Metern Höhe angebaut wird. Dort war sie bereits für die Inkas ein Grundnahrungsmittel – viele ihrer religiösen Feste stehen in Verbindung mit den Ernteterminen der Kartoffel.

Kartoffelfrüchte: Lange war die Kartoffel nur ihrer schönen Blüten wegen populär. Der Verzehr der ungenießbaren Blätter und Früchte führte nicht selten zu Bauchschmerzen und Vergiftungssymptomen - weshalb der Pflanze lange ein negativer Ruf voraus eilte. © David Midgley / CC-by-sa 2.5

Aber schon als die Europäer nach Südamerika kamen, war die Kartoffel – dort Papa genannt – längst nicht mehr in ihrer Urform vorzufinden. Die Andenvölker hatten sie bereits über Jahrhunderte hinweg kultiviert und so jene Arten gezüchtet, die als Nachtschattengewächse besonders von kurzen Tageslängen profitierten. Auch das karge Klima und der schwierige Boden konnten ihnen nichts anhaben. An die milden Bedingungen in Mitteleuropa und die langen Tage im Sommer waren die Papas nicht angepasst. Es mussten erst Sorten gezüchtet werden, die aufgrund ausreichender Knollengröße für den Anbau lohnend waren.

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. 7
  15. |
  16. 8
  17. |
  18. 9
  19. |
  20. 10
  21. |
  22. weiter

Kathrin Bernard
Stand: 12.04.2013

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Grüne Gentechnik
Von den Kartoffeln der Inkas zum Gen-Soja

Von Sonja bis Sokrates
Warum brauchen wir so viele Sorten?

Aussuchen und Vermehren
Von den Grundlagen der Züchtung

Regeln aus dem Klostergarten
Gregor Mendel und die Farbe der Erbsenblüten

Von Mendel zur Gentechnik
Wie moderne Verfahren und genetisches Wissen die Pflanzenzüchtung veränderten

Altes Ziel - neue Wirkung
Wie funktioniert die Grüne Gentechnik?

Salz, Dürre und neue Vitamine
Grüne Gentechnik für den Kampf gegen den Welthunger?

Ein Bakterium als Gentechnik-Helfer
Die Methoden der Grünen Gentechnik

Plasmidringe und Gen-Kanonen
Wie kommen die fremden Gene in die Pflanze?

Landen Gentech-Produkte auf unseren Tellern?
Die Regeln zur Kennzeichnung - und ihre Ausnahmen

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Ohne Wildbienen kein Obst und Gemüse
Auch Honigbienen können den Rückgang von wilden Bestäuber-Insekten nicht ausgleichen

Bio-Tomaten haben mehr Vitamine
Mildem Stress ausgesetzte Pflanzen produzieren mehr gesundheitsfördernde Substanzen

Uraltes Erfolgsteam: Bienen und Blumen
Genetische Studie belegt: Vor 120 Millionen Jahren begann die gemeinsame Karriere der Blütenpflanzen und Bienen

Riesen-Pflanzen per Genmanipulation
Genetischer Schalter verzögert Blüte und lässt Pflanzen größer werden

Zuviel Kohlendioxid mindert Ernteerträge
Forscher zeigen: Für Getreide müssen neue Zuchtstrategien entwickelt werden

Forscher entschlüsseln Tomatengenom
Erbgut-Verdreifachung ebnete Weg zu fleischigen Früchten

Manipulierte Pflanze wächst im Stockdunkeln
Ausgetauschtes Sensormolekül gaukelt Ackerschmalwand die Gegenwart von Licht vor

Dossiers zum Thema

Tabak - Vom Geschenk der Götter zum Umweltkiller