Anzeige
Phänomene

Symbole und Erwartungen

Welche Rolle spielen abstraktes Denken und Vorwissen?

Für die Annahme von mentalen Repräsentationen beim Menschen und bestimmten Tierarten sprechen auch Studien mit Primaten, die der amerikanische Psychologe David Premack und seine Frau Ann James durchführten. Sie zeigen, dass selbst Schimpansen in der Lage sind, abstrakte Konzepte zu lernen.

Die Menschenaffen können beispielsweise lernen, unterschiedliche Plastikchips für einzelne Wörter zu verwenden. Dabei verstehen sie nicht nur konkrete Konzepte wie „Apfel“, sondern auch abstrakte Begriffe wie „gleich“. So verwenden sie einen Chip, der für „gleich“ steht, wenn man ihnen zwei „Orange“-Chips vorlegt, aber den „verschieden“-Chip, wenn man ihnen einen „Orange“- und einen „Apfel“-Chip vor die Schnauze hält.

Vorwissen und Erwartungen beeinflussen unser Lernen © SXC

Verfälscht durch Erwartungen

Eine weitere wichtige Erkenntnis des kognitiven Ansatzes ist: Erwartungen spielen beim Lernen eine große Rolle. In einem Experiment eines Teams um den Psychologen Lee Ross von der Stanford University präsentierte man Probanden in mehreren Durchgängen zwei Messwerte zur Ehrlichkeit von Personen, die aus vollkommen unterschiedlichen Situationen stammten. Ein Wert gab beispielsweise an, wie häufig ein Junge in der Schule von den Mitschülern abschrieb. Ein anderer, wie oft der Junge im Elternhaus unehrlich war.

Auf dieser Grundlage sollten die Probanden einschätzen und erlernen, wie stark der Zusammenhang zwischen den beiden Messwerten war. In manchen Fällen fiel er sehr gering aus. Die Versuchspersonen überschätzten ihn allerdings durch die Bank. Die bei Menschen weit verbreitete Überzeugung und Erwartung, dass verschiedene Maße eines Charakterzugs stark korrelieren müssten, setzte sich gegenüber den Fakten durch.

Menschen neigen beim Lernen also dazu, auf ihr Vorwissen zurückzugreifen. Kognitives Lernen beruht ganz allgemein darauf, dass Menschen und auch manche Tierarten nicht bloß auf Reize aus ihrer Umwelt reagieren, sondern auch neue Informationen mit bereits gespeichertem Wissen verknüpfen. Und manchmal, das zeigt das Beispiel von dem Schimpansen Sultan, kommen sie dabei sogar zu ganz neuen Einsichten.

Anzeige
  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. weiter

Dr. Christian Wolf / dasGehirn.info – Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Neurowissenschaftliche Gesellschaft e. V., ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechn.
Stand: 18.01.2013

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Heureka-Prinzip
Wie funktioniert das kognitive Lernen bei Mensch und Tier?

Sultan und das Obst
Können Affen durch Einsicht lernen?

Von Hundepfeifen und Hühnern
Assoziatives versus kognitives Lernen

Der Plan im Kopf
Lernen durch mentale Repräsentationen der Umwelt

Symbole und Erwartungen
Welche Rolle spielen abstraktes Denken und Vorwissen?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Hunde begreifen neue Wörter anders als wir
Border Collie verbindet den Namen eines Objekts mit dessen Größe und nicht mit der Form

Lernen im Schlaf funktioniert - mit Einschränkungen
Das Gehirn kann zumindest bestimmte neue Informationen abspeichern

Junge Singvögel und Kleinkinder lernen auf ähnliche Weise
Gesangstraining und Sprechenlernen aktivieren ähnliche Hirnareale

Kinder und Affen lernen nach dem Mehrheitsprinzip
Menschen und Schimpansen folgen bei der Weitergabe von Verhaltensweisen eher der Masse

Affen beherrschen Vorstufe des Lesens
Paviane können geschriebene englische Wörter von gleichlangen Nichtwörtern unterscheiden

Dossiers zum Thema