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Technik

Mumien mit Arterienverkalkung

CT macht Verkalkung von Adern sichtbar

Mit der neuen CT-Technologie kann aber auch Kalzium und damit ein für Mumienforscher interessantes Element dargestellt werden. Kalzium ist vorwiegend in Knochen enthalten; es kommt aber auch in verkalkten Gefäßen vor und trägt zum Entstehen der Arterienverkalkung, der Arteriosklerose, bei. Für die Mumienforschung und die medizinisch-anthropologische Untersuchung von Mumien ergeben sich hieraus interessante Anwendungen. Es ist zum Beispiel möglich, auch in Mumien kalkhaltige Gefäßablagerungen aufzuspüren – ohne dass den kostbaren Geschöpfen dazu Proben entnommen werden müssten.

Arteriosklerose im Oberschenkel einer Mumie © German Mummy Project

Kürzlich untersuchten die Mannheimer Forscher eine südamerikanische Frauenmumie aus dem Musée Jurassien d’Art et d’Histoire in Delémont, Schweiz, mit der Dual-Energy-Technik. Anschließend berechneten sie die Datensätze mit einem speziellen Algorithmus nach, um die ursprüngliche Anatomie der Mumie rekonstruieren zu können. Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern dadurch, in einer Arterie des Oberschenkels der Mumie die für eine Arteriosklerose typischen Verkalkungen zu identifizieren.

52 Mumien beim Verkalkungstest

Ähnliches stellten Forscher auch bei Untersuchungen an ägyptischen Mumien fest. Im Rahmen der so genannten „Horus“-Studie hatte ein internationales Forscherteam insgesamt 52 ägyptische Mumien einer genauen Untersuchung mit Hilfe der Computertomografie unterzogen. Das Ziel der im Antikenmuseum in Kairo durchgeführten Analyse: herauszufinden, ob es auch im Alten Ägypten Fälle von Atherosklerose gab und wenn ja, wie stark diese ausgeprägt war. Bei uns längst zur Volkskrankheit geworden, führt die Atherosklerose zur Versteifung und Verengung wichtiger Blutgefäße und kann so Schlaganfälle oder Herzinfarkte nach sich ziehen.

Das Ergebnis der Studie zeigte, dass diese Krankheit offenbar auch im Alten Ägypten weit verbreitet war: Immerhin 20 der 44 untersuchten Mumien mit noch erhaltenen Arterien zeigten deutliche Anzeichen für eine Verkalkung der Gefäße. Sie gehörten mit einem durchschnittlichen Sterbealter von 45 Jahren zu den eher älteren Vertretern. Die gesunden Mumien dagegen hatten ein Durchschnittsalter von rund 34,5 Jahren.

CT-Aufnahme einer Arterien-Verkalkung (weiß) in rechtem (RCA) und linkem (LCA) Herzkrankzgefäß © ESC

Prinzessin starb an Herzinfarkt

In drei Mumien konnten die Forscher sogar eine Verkalkung der Herzkranzgefäße sichtbar machen. Eine der am schwersten betroffenen „Patienten“ war ägyptische Prinzessin Ahmose-Meryet-Amun, die von 1580 bis 1550 vor Christus in der Stadt Theben lebte: Bei ihr waren nahezu alle sichtbaren Arterien sklerotisch verändert. Das CT-Bild enthüllte auch die mögliche Todesursache: Gleich zwei ihrer drei Haupt-Koronararterien waren von Arteriosklerose befallen – sie starb wahrscheinlich an einem Herzinfarkt.

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„Insgesamt war es erstaunlich, wie viel Atherosklerose wir fanden“, erklärt Gregory Thomas von der Universität von Kalifornien in Irvine. „Wir denken von Atherosklerose immer als einer Krankheit des modernen Lebensstils, aber es ist klar, dass es sie schon vor 3.500 Jahren gab. Unsere Ergebnisse stellen damit die Wahrnehmung der Atherosklerose als moderner Krankheit sicherlich in Frage.” Welche Lebensgewohnheiten in der Vergangenheit zur Arteriosklerose geführt haben, wird derzeit untersucht.

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aus Ruperto Carola, dem Forschungsmagazin der Universität Heidelberg von Thomas Henzler, Heather Gill-Frerking, Wilfried Rosendahl und Christian Fink
Stand: 16.12.2011

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Röntgenblick in die Geheimnisse der Mumien
Neue bildgebende Verfahren helfen bei der Erforschung menschlicher Relikte

Schnittbilder statt Aufschneiden
Röntgenstrahlen helfen bei der Mumien-Untersuchung

Grauwerte verraten Beschaffenheit
Das Prinzip der Computertomografie

Mumien mit Arterienverkalkung
CT macht Verkalkung von Adern sichtbar

Tausende Jahre alte Gesichter und Verletzungen
Tomografie hilft bei Rekonstruktion

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