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Klima

Der alljährliche Jahrhundertsommer…

Nehmen Wetterkatastrophen zu?

Jahrtausendflut, Jahrhundertsommer – immer schneller, fast inflationär scheinen in den letzten Jahren so genannte Jahrhundert- oder gar Jahrtausendereignisse aufeinander zu folgen. Obwohl sie ihrer Definition nach in diesem Ausmaß eigentlich nur alle 100 oder gar 1.000 Jahre eintreten dürften, liegen teilweise nur noch wenige Jahrzehnte oder sogar Jahre dazwischen. Nur eine Laune des Zufalls? Nicht ganz.

Schmelzender Gletscher © NOAA

Im sensiblen Gleichgewicht des Klimasystems können schon kleinste Verschiebungen einzelner Durchschnittswerte ausreichen, um die Häufigkeit von Extremereignissen zu beeinflussen – der berühmte Flügelschlag des Schmetterlings, der am anderen Ende der Welt einen Sturm auslösen kann, ist hier eine durchaus passende Analogie. Und tatsächlich haben von Klimaforschern durchgeführte Analysen von Beobachtungsreihen und Klimamodellrechnungen ergeben, dass sich die Eintrittswahrscheinlichkeiten für Extremwerte verschiedener meteorologischer Größen wie Temperatur oder Starkregen bereits deutlich geändert haben oder noch ändern werden.

Nur wenige Grad…

Ihren Ergebnissen nach könnte schon ein Anstieg der mittleren Sommertemperaturen in Mittelengland um nur 1,6°C, wie er für das Jahr 2050 prognostiziert ist, dazu führen, dass ein außergewöhnlich heißer Sommer – wie 1995 oder in diesem Jahr – nicht mehr wie bisher im Durchschnitt alle 75 Jahre, sondern alle drei Jahre eintreten wird. Für Berlin haben die Klimaforscher der Münchener Rück ausgerechnet, dass Temperaturen von 39°C und darüber hinaus gegen Ende dieses Jahrhunderts mit einer zehnfach höheren Wahrscheinlichkeit vorkommen werden. Bewahrheitet sich dies, könnten Hitzewellen wie in diesem Jahr zukünftig tatsächlich eher die Regel denn die Ausnahme sein.

Mehr Regen…

Ähnliche Trends zeigen sich auch für mögliche „Jahrhundert-“ oder „Jahrtausendfluten“: Eine niederländische Studie prognostiziert auch für die so genannten kritischen Niederschlagspotenziale eine Zunahme der Überschreitungswahrscheinlichkeit. Erste Hinweise auf eine Zunahme der Extremniederschäge, unter anderem in Gebieten Europas und der USA gibt es bereits. Die Ursache dafür: Die durch den Klimawandel aufgeheizte Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen und transportieren, ihn aber auch geballt wieder abgeben – als Sturzregen.

Gerhard Berz, Leiter der GeoRisikoforschung bei der Münchener Rückversicherung: „Veränderte Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse verkürzen voraussichtlich die Wiederkehrperioden von Überschwemmungsereignissen drastisch. Ereignisse, wie sie in der Vergangenheit durchschnittlich einmal in hundert Jahren auftraten, könnten künftig zu zehn-Jahres-Ereignissen werden.“

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Häufigere Stürme

Ob ein solcher Trend auch für Stürme gilt, wird diskutiert. Noch konnte allerdings eine Zunahme der Sturmhäufigkeit und Intensität nicht eindeutig bewiesen werden. Doch zumindestens einige Indizien dafür gibt es bereits: Die Fläche der Meeresgebiete, die zumindestens zeitweilig eine Oberflächentemperatur von 27°C besitzen, hat sich, so die Ergebnisse von Klimaforschern, in den letzten 20 Jahren um mehr als 15 Prozent ausgeweitet. Genau diese Bedingungen jedoch sind die Voraussetzung für die Entstehung von Hurrikans. Die Münchener Rückversicherung zitiert Ergebnisse einer Studie, nach der sich bei einer Erhöhung der durchschnittlichen Meerestemperaturen um nur 1°C die Hurrikansaison um mehrere Wochen verlängern könnte.

In Europa könnten vor allem die milderen Winter für eine Zunahme der Stürme sorgen: Während in strengen Wintern ein stabiles Kältehoch über Mitteleuropa wie eine Barriere wirkt und die Sturmtiefs aus Richtung Atlantik blockiert oder ablenkt, ist dieser unsichtbare „Schutzwall“ in milden Wintern nur schwach oder nach Osten verschoben und deshalb wirkungslos. Als Folge könnten zukünftig verheerende Orkanserien wie 1990 mit „Daria“, „Herta“, „Vivian“ und „Wiebke“ oder 1999 das Sturmtief „Lothar“ noch häufiger ungehindert nach Mitteleuropa vordringen.

Das Fazit

Auch wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Zunahme von Wetterextremen und einer Klimaveränderung nach wie vor nicht bewiesen werden kann, scheinen Meteorologen und Klimaforscher doch weitgehend einig: Die World Meteorological Organisation (WMO) warnt in ihrem Bericht vom Anfang Juli 2003: „Mit der Klimaveränderung durch kontinuierlich wachsende Temperaturen könnten Zahl und Stärke von extremen Vorkommnissen zunehmen.“

Fast gleichlautend auch die Prognosen von Katastrophenexperte Gerhard Berz: „Die sich abzeichnende Erwärmung der Erdatmosphäre und die daraus resultierende Intensivierung der Sturm- und Niederschlagsprozesse sowie der Anstieg des Meeresspiegels werden diesen Trend aller Wahrscheinlichkeit nach noch verstärken, wenn nicht rasch einschneidende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden.“

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Stand: 21.08.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wetterextreme
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Rekordsommer und schleichendes "Fieber"
Die Situation in Deutschland

Hitze, Hochwasser und Tornados
Weltweite Wetterextreme 2003

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Ausrutscher oder Zukunftstrend?
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