Anzeige
Phänomene

Ausreißer im System

Was macht Mendelejews Ansatz so besonders?

Nahezu gleichzeitig mit Mendelejew arbeitet auch ein deutscher Chemiker, Lothar Meyer, an einem fast identischen Periodensystem. Auch er hat das Grundprinzip der Gruppen und Perioden erkannt, kommt allerdings nur auf sechs Gruppen. Und wie Mendelejew stößt auch Meyer auf einige Elemente, die das Gesamtbild empfindlich stören.

Beryllium als Erz © USGS

Was tun mit Fehlern und Lücken?

So gilt Beryllium als das drittleichteste Element und müsste daher eigentlich ganz vorne stehen. Doch das passt einfach nicht ins Schema, denn die erste Gruppe bilden die Alkalimetalle, zu denen Beryllium einfach nicht gehören kann. Und auch Tellur, Element mit einem Atomgewicht von 127,6 und einer Valenz 2 scheint vollkommen falsch positioniert: Aufgrund seines Atomgewichts müsste das Element eigentlich hinter Iod stehen, doch seine Valenz entspricht eindeutig der der Sauerstoffgruppe – und damit der Elementgruppe vor Iod und den anderen Halogenen.

Was also tun? Im Gegensatz zu Meyer zweifelt Mendelejew keinen Augenblick. Er ist so überzeugt von seinem System, dass er für solche Ausreißer nur eine Erklärung sieht: Ihr Atomgewicht musste falsch bestimmt worden sein. Kurzerhand schiebt er das Beryllium trotz seines niedrigeren Atomgewichts auf die vierte Position. Tellur ordnet er in die Sauerstoffgruppe ein.

Und er tut noch etwas, was seinen Kollegen geradezu unerhört erscheint: Er lässt an einigen Stellen im Periodensystem Lücken, weil seiner Ansicht nach hier Elemente hingehören, die existieren aber noch nicht entdeckt worden sind. „Wir müssen die Entdeckung von vielen noch unbekannten Elementen erwarten“, schreibt er in seiner Veröffentlichung. „Zum Beispiel Elemente analog zu Aluminium und Silizium, deren Atomgewicht zwischen 65 und 75 liegen muss.“

Artikel von Mendelejew in der „Zeitschrift für Chemie“ 1869 © historisch

Die fundamentale Ordnung der Elemente

Am 6. März 1869 – und damit nur wenige Monate vor Meyer – veröffentlicht Mendelejew sein Periodensystem unter dem Titel „Die Abhängigkeit der chemischen Eigenschaften der Elemente vom Atomgewicht“. Darin konstatiert er neben den Erklärungen zu Atomgewichtsveränderungen und Lücken die Gesetzmäßigkeiten, die seinem Periodensystem zugrunde liegen:

Anzeige

-Die Elemente zeigen eine Periodizität der Eigenschaften, wenn sie ihrem Atomgewicht entsprechend angeordnet werden.

-Elemente, die ähnliche chemische Eigenschaften aufweisen, besitzen Atomgewichte, die entweder fast den gleichen Wert haben (Platin, Iridium, Osmium) oder Atomgewichte, die in regelmäßigen Intervallen ansteigen (z.B. Kalium, Rubidium, Cäsium).

-Die Ordnung der Elemente und Gruppen nach ansteigendem Atomgewicht korrespondiert mit ihren Valenzen und, in gewissem Maße, auch mit ihren Eigenschaften.

-Bestimmte charakteristische Eigenschaften der Elemente können aus ihren Atomgewichten vorhergesagt werden.

Für Mendelejew ist klar, dass sein System nicht nur eine willkürliche Ordnung darstellt, sondern die fundamentale Ordnung der Elemente widerspiegelt, quasi das Naturgesetz der Chemie.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. weiter

Nadja Podbregar
Stand: 18.02.2011

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Ordnung der Dinge
Dmitri Mendelejew und die Suche nach dem Periodensystem der Elemente

Die Suche nach dem Urstoff
Was ist ein Element?

Meilenstein Karlsruhe
Eine Chemiker-Konferenz als Initialzündung

Das Rätsel der „Verwandtschaft“
Warum sind sich einige Elemente ähnlicher als andere?

„In meinem Kopf kommt alles zusammen“
Mendelejews Endspurt und das Gesetz der Elemente

Ausreißer im System
Was macht Mendelejews Ansatz so besonders?

„Ungerechtfertigte Spekulationen“
Streit um Mendelejews Element-Prognosen

Element mit Umsturzpotenzial
Die Entdeckung der Edelgase als Nagelprobe für Mendelejews System

Eine universelle Ordnung
Das Periodensystem heute

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Magnesium-32 Kern torpediert Atomkern-Modell
Erster Nachweis eines sphärischen Magnesium-32-Kerns erfolgte bei „zu niedriger“ Energie

Erde: Gewaltige Einschläge lieferten schwere Elemente
Erklärung für bisher rätselhaftes Vorkommen siderophiler Elemente im Erdmantel entdeckt

Erstmals stabile Dreifachbindung Bor-Sauerstoff realisiert
Weltpremiere wichtig für die Grundlagenforschung

„Missing-Link“ des Periodensystems gefunden
Physiker erzeugen superschweres Element 117

Schwerstes chemisches Element heißt "Copernicium"
Internationale Chemikerunion vergibt Namen – 14 Jahre nach der Entdeckung

Präzisionswaage für Atomkerne
Neue Methode erleichtert Suche nach stabilen Elementen jenseits des Urans

Dossiers zum Thema

Glas - Ein schwer durchschaubarer Stoff