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Geologie/physische Geographie

Mysteriöse Vogelsterben

Entwaldung und Bodenerosion als Einflussfaktoren?

Natronsee © Clem23 / GFDL

Die geplante Sodafabrik ist nur eine von vielen Gefahren, die den Lake Natron und die Flamingos in Ostafrika in Schwierigkeiten bringen könnten. So fürchten viele Wissenschaftler, dass in Zukunft aufgrund des Klimawandels und der damit verbundenen steigenden Temperaturen in der Region viel mehr Wasser aus dem See verdunstet als bisher. Lake Natron könnte dann immer weiter schrumpfen, bis er sich – vielleicht schon innerhalb weniger Jahrzehnte – ganz von einem Salzsee in einen Sandsee verwandelt.

Schon zuvor ergeben sich jedoch massive Probleme für das fragile Ökosystem am und im See. Denn weniger Wasser bedeutet auch steigende Salzkonzentrationen. Doch irgendwann ist selbst für auf extreme Bedingungen spezialisierte Organismen wie Arthrospira eine Grenze erreicht. Die Cyanobakterien reagieren dann mit vermindertem Wachstum oder sterben sogar ganz ab – die Nahrungskette am See gerät endgültig ins Wanken.

Bogoriasee in Kenia © Martin Trauth / GFDL

Massensterben im Flamingoreich

Noch eher an den Kragen gehen könnte es dem Flamingo-Bestand am Lake Natron und an den anderen Sodaseen in der Region aber aus einem ganz anderen Grund. Das hat sich zuletzt in den Jahren 2006 und 2008 gezeigt. Damals kam es jeweils zu einem mysteriösen Massensterben von mindestens 30.000 Vögeln an den weltberühmten Seen Nakuru und Bogoria in Kenia. Kein neues Phänomen, denn bereits seit Mitte der 1990er Jahre hatten Wissenschaftler wiederholt vergleichbare Zusammenbrüche der Populationen registriert.

Die Ursachenforschung dafür blieb lange erfolglos. Erst im Dezember 2010 kam ein Wissenschaftlerteam des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) endlich den Hintergründen auf die Spur.

Arthrospira, ein Cyanobakterium © Joan Simon / GFDL

Verdrängungswettbewerb im See

Verantwortlich war nach Angaben der Forscher um Lothar Krienitz ein massiver Verdrängungswettbewerb im See, der in einer veränderten Plankton-Zusammensetzung mündete. So machte sich dort in den fraglichen Jahren die winzige, schnellwüchsige Grünalge Picocystis zu Lasten von Arthrospira breit. Die Grünalge ist aber viel zu klein, um vom Vogelschnabel mit seinem hochspezialisierten Filterapparat herausgefischt zu werden.

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2006 und 2008 fanden die Wissenschaftler zudem besonders viele Cyanobakterien der Gattung Anabaenopsis im Wasser. Diese ballen sich häufig zu großen, schleimigen „Klumpen“ zusammen, die den Filterapparat der Vögel verstopfen und unbrauchbar machen. Die Folgen der Plankton-Kapriolen waren dramatisch: Die Flamingos hatten kaum noch was zu fressen und verhungerten mit der Zeit in Scharen.

Manche Anabaenopsis-Stämme produzieren zudem gefährliche Leber- und Nervengifte, die die Flamingos zwar nicht töten, aber doch schwächen und so anfällig für Krankheitserreger machen.

Entwaldung und Bodenerosion schuld an Plankton-Kapriolen?

Auch wenn die Gründe für das Flamingosterben damit geklärt sind, bleibt eine wichtige Frage nach wie vor offen: Warum kommt es immer öfter zu den kuriosen Verschiebungen im Plankton der Seen? In ihrer Studie im „Journal of Phycology“ stellen die Forscher erste Vermutungen dazu an: „Die Ursachen der Veränderungen in der Zusammensetzung des Planktons sind komplex und noch nicht vollständig erforscht. Wesentlichen Anteil haben wahrscheinlich Veränderungen in den Einzugsgebieten der Seen, die mit Entwaldung und verstärkter Bodenerosion einhergehen.“

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Dieter Lohmann
Stand: 11.02.2011

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Inhalt des Dossiers

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