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Ökologie

Löwen in tödlicher Bredouille

Das Geschäft mit Farmen und Trophäenjagden

Der aktuelle Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Philipp Lahm, hat es getan, Stürmer Lukas Podolski auch und Verteidiger Holger Badstuber ebenfalls: Sie alle haben kurz vor dem erfolgreichen Spiel gegen England bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 einen Löwenpark bei Johannesburg besucht und dabei auch einige der dort lebenden Löwenjungen gestreichelt.

Was auf den ersten Blick eher harmlos wirkt, hat den deutschen Profi-Kickern eine Menge an Kritik eingebracht. Nicht bei Sportjournalisten, sondern bei Tierschutzverbänden wie „Vier Pfoten“. Denn was die Organisatoren des Nationalmannschaftsausfluges vermutlich nicht wussten ist, dass viele der über 160 Löwenfarmen in Südafrika nicht unbedingt einen guten Ruf haben. Ganz im Gegenteil.

Gefangene Löwen als Touristenattraktion

„In Südafrika fristen tausende Löwen ihr Dasein als Touristenattraktion, oft unter tierschutzwidrigen Bedingungen“, kritisiert Thomas Pietsch, Wildtierexperte bei Vier Pfoten. „Wir bedauern, dass einige Nationalspieler dennoch eine Löwenfarm besichtigt haben“. Nach Informationen der Naturschützer werden die Jungtiere auf den Farmen schon nach wenigen Tagen von der jeweiligen Löwenmutter entfernt und mit der Hand aufgepäppelt. So sollen sie quasi von der Geburt an gezähmt und an den Umgang mit Menschen gewöhnt werden.

Doch dieses Prozedere schadet den Löwenbabys erheblich. Das Fehlen der Muttermilch wirkt sich laut Vier Pfoten extrem negativ auf die Gesundheit der Tiere aus. Häufig treten Mangelerscheinungen wie Knochendeformationen oder Schilddrüsenprobleme auf und auch die Psyche der Tiere wird durch den dauernden Kontakt mit den streichelwütigen Urlaubern in Südafrika schwer belastet. Starke Verhaltensstörungen bis hin zu großer Aggressivität sind häufig die Folge.

Der König der Tiere © Patrick Giraud / GFDL

Zahme Löwen für die Trophäenjagd

Oft genug läuft das Ganze dann auch noch unter dem Deckmäntelchen des Artenschutzes und der Rettung von Biodiversität. Dazu Vier Pfoten: „Die Löwenzüchter bezeichnen sich selbst fälschlicherweise als ‚Naturschützer‘ und behaupten gegenüber Touristen, dass die Tiere zur Auswilderung gezüchtet werden. Dies ist eine offenkundige Fehlinformation. In Gefangenschaft geborene Raubtiere, insbesondere Handaufzuchten, können nicht erfolgreich ausgewildert werden.“

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Doch mit der Verwendung der Löwen als Touristenattraktion ist der Leidensweg der Tiere noch nicht zu Ende. Viele von ihnen landen später als Trophäen in den Vitrinen ebenso betuchter wie skrupelloser Hobby-Jäger aus Europa, Asien oder Amerika. Groß in Mode ist in Südafrika vor allem das so genannte „Canned Hunting“. Dabei werden oft völlig Jagd-unerfahrene Menschen auf zahme Löwen aus den Farmen losgelassen, die schutzlos in mehr oder minder großen Gehegen eingesperrt sind.

Blutiges Spektakel

Die Tipps die zumindest manche Veranstalter solcher „Löwenjagden“ ihren Kunden ans Herz legen, sind ebenso abstrus wie brutal: Dies hat das RTL Magazin „Punkt 12“ im Mai 2010 in einem Bericht enthüllt: „Schieße niemals dem Löwen ins Herz, denn wenn du in das Herz triffst, spritz das ganze Blut herum, das Herz kann sogar explodieren. Du musst ihm in die Schulter schießen. Denn wenn die Schulter kaputt ist kann er nicht angreifen und auch nicht wegrennen. Dann hast du genug Zeit, wieder auf ihn zu schießen.“

Wer Spaß an einem solchen blutigen Spektakel hat, muss tief in die Tasche greifen. Ein paar tausend Euro sind immer zu berappen, selbst wenn „nur“ eine Löwin oder ein Jungtier erlegt werden sollen. Ein Vielfaches davon – angeblich bis zu 100.000 Euro – werden dagegen fällig, wenn ein besonders schönes Männchen mit schwarzer Mähne das Opfer ist.

Statistiken bestätigen Tierschützer

Indizien dafür, dass an den Aussagen der Tierschützer und Reporter was dran ist, liefert ein Blick in die Statistik. Genauer gesagt in die Abschuss-Bilanzen etwa der South African Predator Breeders Association. Der Dachverband der Raubtierzüchter hat allein zwischen 2006 und 2008 einen Anstieg der Löwenabschüsse in Südafrika auf das Dreifache registriert.

Ein ähnliches Bild weist die Datenbank des Washingtoner Artenschutzübereinkommens aus. Darin wird deutlich, dass der Import von lebenden Löwen nach Südafrika in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. Im Gegenzug hat sich der weltweite Export von Löwen-Trophäen aus Südafrika zwischen 2006 und 2008 ebenfalls nahezu verdoppelt. Die eingeführten Löwen landen nach Ansicht von Tierschützern oft auf Löwenfarmen und werden zur Zucht eingesetzt. Oder sie werden direkt zu Opfern des Canned Hunting. Die Besitzer der völlig legal betrieben Zucht- und Jagdstationen scheuen sich aber auch nicht aus freier Natur Tiere für ihre Zwecke einzufangen.

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Dieter Lohmann
Stand: 02.07.2010

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Inhalt des Dossiers

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