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Zoologie

Opfern für die Kolonie

Kranke Sammlerinnen kehren nicht zurück

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Die Varroamilbe ist eine tödliche Gefahr für einen Bienenstock. Doch die Bienen scheinen nicht untätig zu bleiben: Eine kleine Anzahl von Milben wird aus dem Nest entfernt, weil befallene Arbeiterinnen am Ende ihrer Lebenszeit nicht von Sammelflügen zurückkehren. Aber warum? Als die Wissenschaftler hierzu Versuche machten, stießen sie auf ein bemerkenswertes Phänomen. Beim Vergleich des Varroa-Befalles von ausfliegenden und zurückkehrenden Sammlerinnen stellten sie fest, dass unter den Rückkehrern nur etwa halb so viele befallene Bienen waren wie bei den ausfliegenden.

Dieses unerwartete Ergebnis lässt sich nicht durch den natürlichen Tod der Sammlerinnen erklären. Vielmehr weist es nach Ansicht von Grünwald und Co. auf einen spezifischen Verhaltensmechanismus hin, durch den erhebliche Mengen von Parasiten aus dem Volk entfernt werden können.

Video-Überwachung am Flugloch

Um dies besser zu verstehen, verfolgten die Forscher zusammen mit Jasna Kralj vom National Institute of Biology in Ljubljana, Slowenien, das Schicksal individueller Sammlerinnen. Den Bienen klebten sie dafür farbige Nummernschildchen auf den Rücken, um so eine große Anzahl Bienen pro Volk zu identifizieren. Dann installierten die Wissenschaftler eine Videoregistrierung am Flugloch, mit der sie für jede einzelne Biene ermitteln konnten, wann sie ausflog und wieder zurückkehrte. Den Videoaufzeichnungen konnten sie zudem entnehmen, ob die Arbeiterinnen von der Milbe befallen waren.

Arbeiterin mit Varroamilbe auf dem Rücken © Scott Bauer/USDA

Es zeigte sich, dass befallene Bienen nicht nur längere Flüge absolvieren, sondern viele auch nicht mehr zu ihrem Volk zurückkehren. Dieses Ergebnis konnten die Forscher in Versuchen bestätigen, in denen sie befallene und gesunde Arbeiterinnen einzeln in einiger Entfernung vom Bienenstock fliegen ließen. Auch bei diesen Auflassversuchen benötigten die befallenen Arbeiterinnen entweder deutlich länger für die Rückkehr, oder sie kehrten überhaupt nicht zurück.

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Da die Varroamilbe als Parasit auf unseren heimischen Bienen (Apis mellifera) relativ neu ist und sich

erst seit etwa 30 Jahren in Europa verbreitet hat, fragt sich, wie dieser Abwehrmechanismus entstanden ist. Für eine evolutionäre Entwicklung ist der Zeitraum zu kurz. Woher also kommt das Verhalten?

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Forschung Frankfurt / Bernd Grünewald, Christof Schneider und Stefan Fuchs
Stand: 05.02.2010

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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Wie Parasiten, Krankheit und Gift die Fähigkeiten der sozialen Insekten beeinträchtigen

Soziale Vorbilder mit Supergehirn
960.000 Nervenzellen auf einem Kubikmillimeter

Rüsselreflex und Duftgene
Bienen als Meister der Düfte

Im Kampf gegen den Parasiten
Tödliche Gefahr Varroamilbe

Opfern für die Kolonie
Kranke Sammlerinnen kehren nicht zurück

Fatale Orientierungschwächen
Gemeinnütziger Selbstmord von der Selektion begünstigt?

Ein Chip als Rucksack
Individuelles Flugverhalten als Indiz für Pestizidwirkung

Das geht auf die Nerven…
Wie Krankheitserreger und Insektizide die neuronalen Prozesse der Bienen beeinträchtigen

Neue Hoffnung für die Bienen
Weitere Erforschung der Bienenneurologie

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