Anzeige
Phänomene

Ein Kondensator als Nervenzell-Modell

Analoge Technik simuliert biologische Funktion

Die Arbeitsgruppe von Karlheinz Meier, Professor für Experimentalphysikam Heidelberger Kirchhoff-Institut für Physik, verfolgt seit einigen Jahren einen alternativen Ansatz, um neuronale Netze höchster Komplexität zu simulieren. Das Prinzip: Wenn die Funktion einer Nervenzelle mit einem elektrischen Kondensator verglichen werden kann, könnte man diesen Kondensator nicht nur mithilfe eines Computers simulieren, sondern gleich einen richtigen Kondensator verwenden. Es geht also um den Bau elektronischer Schaltungen, die wie Zellen und biologische Netzwerke funktionieren.

{1l}

Die Idee für diesen Ansatz ist alt: Sie geht auf den Physiker Carver Mead, einen Schüler des amerikanischen Nobelpreisträgeres Richard Feynman, zurück, der in den 1980er Jahren solche Systeme am „California Institute of Technology“, kurz CalTech, gebaut hat. Die Prinzipen für den Transport elektrischer Ladungen sind noch älter. Sie wurden Mitte des 19. Jahrhunderts vom Namensgeber des Heidelberger Institutes, dem Physiker Gustav Kirchhoff, in Form der weithin bekannten Kirchhoff’schen Regeln entwickelt.

Im einfachsten Modell ist eine Nervenzelle ein elektrischer Kondensator mit einem parallel geschalteten Widerstand. Die Ruhespannung wird durch eine Batterie definiert, die erregenden und hemmenden Synapsen sind hinein- und hinausfließende Ströme, und die Feuerschwelle wird durch eine moderne elektronische Schaltung, einen so genannten Komparator, realisiert.

All diese Elemente müssen nicht aus einzelnen elektronischen Bauteilen zusammengelötet werden: Die moderne Mikroelektronik ermöglicht es, ein neuronales Netzwerk aus „einem Guss“ im Rahmen eines Prozesses herzustellen, der auch für die Produktion von Chips in Telefonen und Waschmaschinen verwendet wird. Diese Technologie bezeichnet man als „Very Large Scale Integration“, als Integration auf großer Skala. Mit der „großen Skala“ ist hier die Menge von Bauteilen pro Chipfläche gemeint. Für die Produktion komplexer Neuroschaltungen ist dies die wichtigste Eigenschaft.

Anzeige
  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. weiter

Karlheinz Meier / Universität Heidelberg / Ruperto Carola
Stand: 31.10.2008

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Auf dem Weg zum künstlichen Gehirn?
Wissenschaftler arbeiten an Computern nach dem Vorbild des Gehirns

Vom Reiskorn zum Moore‘schen Gesetz
Wie weit ist die Informationstechnologie?

Ähnlich aber grundsätzlich verschieden
Strukturelle Unterschiede zwischen Gehirn und Computer

Kein zentraler Takt
Kommunikation von Nervenzellen im Gehirn

2.500 Gigabyte pro Sekunde
Ist das Gehirn zu komplex für einen „Nachbau“?

Ein Kondensator als Nervenzell-Modell
Analoge Technik simuliert biologische Funktion

Plastizität ist Trumpf
Die Herausforderung der künstlichen Synapsen

Ohne Interdisziplinarität geht es nicht
Projekt verbindet Physiker und Neurobiologen

Tausend Kubikmillimeter Kortex
Was bringen die neuen neuronalen Netze?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Gehirn denkt weniger chaotisch als gedacht
Neuronale Aktivität manchmal erstaunlich gut vorhersagbar

Schnellster Laufroboter der Welt lernt Bergsteigen
Forscher simulieren neuronale Grundlagen der Bewegungsanpassung

Laufroboter mit Nervensystem
Heuschrecken als Vorbild für neuronale Steuerung von Maschinen

Dossiers zum Thema