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Anthropogeographie

Brunnen, Keramiken, „Pfostenhäuser“

Erste Ergebnisse der Grabungen

Freigelegte Siedlungsüberreste © T. Ibsen / Archäologisches Landesmuseum Schleswig

An den auffälligsten Fundstellen werden dann jeden Sommer die archäologischen Ausgrabungen angesetzt. Bisher konnten neben zwei Befunden aus der vorrömischen Eisenzeit aus den letzten Jahrhunderten vor Christus vor allem Siedlungsreste des Frühmittelalters zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert lokalisiert werden. Schon jetzt muss die alte Vorstellung einer reinen Kolonie von Wikingern deshalb korrigiert werden.

Prussen siedelten zuerst

Denn bereits vor der Ankunft der Skandinavier, die nach den Funden im Gräberfeld zu urteilen kurz vor der Mitte des 9. Jahrhunderts erfolgt sein muss, hat es mindestens zwei einheimische Dörfer am Rande des mit dem Kurischen Haff verbundenen Binnensees gegeben. Unweit von dessen alter Küstenlinie förderten die Grabungen an zwei Stellen Siedlungsschichten zutage, die mit zahlreichen Tierknochen und Fragmenten handgemachter Keramikgefäße sowie Abfällen von Metallverarbeitung durchsetzt waren. Sie weisen auf ausgeprägte handwerkliche Tätigkeiten hin.

Eine byzantinische Silbermünze des späten 11. Jahrhunderts. © T. Ibsen / Archäologisches Landesmuseum Schleswig

Die Siedlungen gehören in das ausgehende 7. und 8. Jahrhundert. Gräber zu diesen frühen Siedlungsresten fehlen allerdings bisher, erst ab der Mitte des 9. Jahrhunderts sind die Siedlungsspuren zeitlich mit dem Hügelgräberfeld zu verbinden.

Zu dessen Spätphase passt chronologisch der große Brunnen, der nur etwa 150 Meter südlich des Gräberfeldes liegt. Durch Funde und C14-Analysen kann die Verfüllung des Brunnens in das späte 11. Jahrhundert datiert werden. Der Brunnen selbst dürfte schon um 1050 gebaut worden sein und versorgte sicherlich eine größere Siedlung mit Süßwasser.

Unklar ist derweil noch, wohin die vollen Wassereimer getragen wurden. Denn Häuser konnten in der Nähe des Brunnens bisher nicht entdeckt werden. Die sind aber auf jeden Fall an einer anderen Stelle nachgewiesen, nämlich nördlich des Hügelgräberfriedhofs auf einer Stufe des dort terrassenartig zum ehemaligen Binnensee abfallenden Geländes. Insgesamt 60 Holzpfosten, heute nur noch als unscheinbare rundliche Verfärbungen im gelblichen Lehmboden erkennbar, deuten auf Häuser in Pfostenkonstruktion hin, eine typisch skandinavische Bauweise.

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Markante Gürtel- oder Kleidungsverschlusshaken aus Bronze (11./12. Jahrhundert n. Chr.) © T. Ibsen / Archäologisches Landesmuseum Schleswig

Indizien für weitreichende Handelskontakte

Aber die zahlreichen Funde aus den Wohnbauten gehören ausnahmslos in das ausklingende 11. und beginnende 12. Jahrhundert und somit in eine Zeit, als im Gräberfeld schon keine Hügelgräber mehr angelegt wurden. Allerdings befindet sich im Osten der großen Nekropole ein separierter Bestattungsplatz mit typisch prussischen Brandgräbern, die zeitlich mit den aufgedeckten Gebäuden in Zusammenhang stehen.

Dazu passend zeigen die Funde aus der Umgebung der Pfostenhäuser ein eher einheimisches Gepräge. Neben den typisch prussischen Ringfibeln, Gürtelverschlüssen und Fingerringen aus Bronze, Keramikresten, Wetzsteinen und Tierknochen sind eine byzantinische Silbermünze aus dem späten 11. Jahrhundert sowie eine Perle aus Gagat bemerkenswert, weil sie weitreichende Handelskontakte belegen.

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Stand: 04.07.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

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