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Phänomene

Vom 96-Eck zum Computerprogramm

Die Geschichte der Pi-Berechnung

Pi – und auch die Suche nach einer möglichst genauen Näherung – ist keineswegs eine Marotte der Neuzeit: Die Bedeutung der Kreiszahl ist schon seit mehr als 4.000 Jahren bekannt. Kein Wunder: Denn auch in den frühen Kulturen kamen die Menschen um diese Zahl nicht herum, wollten sie Fehler bei so alltäglichen Tätigkeiten wie der Bereifung eines Wagenrads oder der Volumenberechnung eines Weinfasses vermeiden.

Der Rhind-Papyrus gibt bereits eine Näherung von Pi an © rechtefrei

Mit dem Schnurmaß

Im Nahen Osten zur Zeit des Alten Testaments, aber auch im alten China, begnügte man sich dabei zunächst mit dem Näherungswert 3. In der Bibel, im Buch der Könige, heißt es beispielsweise: „Er fertigte ein kreisrundes Becken an, das von einem zum anderen Rand zehn Ellen maß. […], eine Schnur von 30 Ellen umspannte es.“

Doch schon die Ägypter nahmen es da etwas genauer. Im ältesten erhaltenen Rechenbuch der Welt, dem so genannten Rhind Papyrus, findet sich 3,1605 als Wert für die Kreiszahl. Damit waren sie immerhin schon deutlich präziser als ihre hebräischen Nachbarn. Die Babylonier dagegen nutzten 3 plus ein Achtel, also 3,125 als Kreiszahl, in Indien war es 3,0044. Allen diesen Werten ist jedoch gemeinsam, dass sie auf der Basis von Messungen entstanden.

Zwei 96-eckige Vielecke als Rechenwerkzeug

Die erste rein mathematische Berechnung der Kreiszahl stammt von dem griechischen Mathematiker Archimedes von Syracus, der 287 bis 212 vor Christus lebte. Er näherte sich Pi von zwei Seiten gleichzeitig an: Um einen Kreis konstruierte er ein innenliegendes Vieleck und ein außenliegendes Vieleck und vermehrte ihre Ecken so lange, bis sich beide Formen möglichst eng an die Kreislinie anschmiegten.

Mit 96 Ecken pro Polygon ermittelte Archimedes so einen oberen Grenzwert von 3,1428 und einen unteren von 3.140 – irgendwo dazwischen musste Pi liegen. Noch weiter kam 480 nach Christus der chinesische Mathematiker Zu Chongzhi, der mit dem gleichen Verfahren Pi bereits auf eine Position zwischen 3,1415926 und 3,1415927 einengte.

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Der Mathematiker Leonhard Euler © historisch

Der Name Pi

Nachdem die Mathematiker lange Zeit einfach die Methode des Archimedes weitergeführt hatten, entwickelten verschiedene Gelehrte im 17. Jahrhundert gleich mehrere neue Verfahren der Berechnung. So der englische Mathematiker John Wallis im Jahr 1655, der deutsche Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz im Jahr 1682 und der Mathematiker Leonard Euler. Letzterer kam 1748 in seinem Analysis-Lehrbuch immerhin schon auf 148 Stellen.

Auch die Bezeichnung der Kreiszahl mit dem griechischen Buchstaben Pi geht nicht etwa auf die Griechen zurück, sondern auf den aus Wales stammenden Mathematiker William Jones, der diesen Begriff Pi als Kurzform für Perimeter, Umfang, in seinem 1706 erschienenen Mathematik-Lehrbuch verwendete.

Durchbruch erst 1996

Alle die bis dahin und auch später noch gebräuchlichen Methoden eigneten sich jedoch noch nicht dazu, schnell und effektiv viele Nachkommastellen der Kreiszahl zu ermitteln. Erst 1996 entwickelten drei Mathematiker, David Bailey, Peter Borwein und Simon Plouffe, eine Summenformel, mit der man eine beliebige Stelle in der Zahlenfolge von Pi ausrechnen konnte, ohne erst alle vorhergehenden Ziffern kalkulieren zu müssen. Auf diese und andere neue Formeln gehen auch die meisten heute gebräuchlichen Computerprogramme zur Pi-Kalkulation zurück.

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Nadja Podbregar
Stand: 14.03.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die wunderbare Welt des Pi
Geheimnisvolle Eigenheiten einer allgegenwärtigen Zahl

Es geht nicht ohne…
Pi - die allgegenwärtige Naturkonstante

Irrational und transzendent
Die bewiesenen Eigenschaften von Pi

Wie normal ist Pi?
Rätsel um die dritte Eigenschaft der Kreiszahl

Wie viel Pi braucht der Mensch?
Auf der Jagd nach den Nachkommastellen

Vom 96-Eck zum Computerprogramm
Die Geschichte der Pi-Berechnung

Pi ist Kult
Von Pi-Clubs, Pi-Gedichten und anderen Kuriositäten

24 Stunden lang Pi
Wettstreit der Pi-Gedächtniskünstler

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